Daniel Freund

18. Oktober 2021 Antikorruption

Ungarns Opposition einigt sich auf Spitzenkandidaten. Dieser Mann soll Viktor Orban schlagen

Quelle: Twitter @markizaypeter

Peter Marki-Zay wird im kommenden Frühjahr als Spitzenkandidat für die vereinte ungarische Opposition gegen Premierminister Viktor Orban in die Parlamentswahlen ziehen. Der 49-Jährige aus Südungarn setzte sich in den Vorwahlen am Sonntag gegen die Sozialdemokratin Klara Dobrev mit 57% der Stimmen durch.

Die vergangenen Wochen in Ungarn waren geprägt von einem demokratischen Geist, wie er in den zehn Jahren unter der Fidesz-Regierung von Viktor Orban nur selten zu beobachten war. Ein breites Bündnis der Oppositionsparteien hatte sich dazu entschieden, einen gemeinsamen Kandidaten für die Parlamentswahlen 2022 zu ernennen, um überhaupt eine Chance gegen Viktor Orban zu haben. Landesweit wurden mehr als 600.000 Stimmen im dem Nominierungsprozess – den so genannten “Primaries” – abgegeben. Der aussichtsreiche Budapester Bürgermeister Gergely Karacsonyi hatte zunächst die zweite Runde der Vorwahlen erreicht, seine Kandidatur dann aber zurückgezogen, um Peter Marki-Zay zu unterstützen.

Wer ist Peter Marki-Zay?

Der 49-jährige Wirtschaftswissenschaftler gehört, im Gegensatz zu seinen Gegenkandidat*innen, keiner traditionellen ungarischen Partei an, sondern ist Anführer einer unabhängigen Bürgerbewegung. Als strenger Katholik und Vater von sieben Kindern gilt Márki-Zay als konservativ, wodurch ihm gute Chancen eingeräumt werden, enttäuschte Orbán-Wähler*innen zurückzugewinnen. Ein solcher Erfolg gelang ihm zuvor im Jahr 2018, als er überraschend die Bürgermeisterwahl in der Fidesz-Hochburg Hódmezővásárhely für sich entschied. Als Neueinsteiger in der Politik stolperte Márki-Zay jedoch in der Vergangenheit bereits über kontroverse Äußerungen. Seine diesjährige Vorwahlkampagne bestritt Márki-Zay mit wenigen finanziellen Mitteln und dem Versprechen, Korruption in Ungarn zu bekämpfen und die zerstrittene Opposition zu vereinen.

Hat er eine Chance gegen Viktor Orban?

Marki-Zay genießt zwar die Unterstützung der vereinten Oppositionsparteien, muss aber in Wahlen gegen Viktor Orban antreten, die nach internationalen Standards zwar als “frei”, nicht aber als “fair” gelten. Vertrauensleute von Premier Viktor Orban kontrollieren einen Großteil der ungarischen Medienlandschaft. Jenseits von unabhängigen Online-Medien wird es für die Opposition schwer, ihre Botschaften in der Öffentlichkeit zu platzieren. Koordinierte Schmierkampagnen sind nicht unwahrscheinlich. Am Tag nach der Vorwahl berichtete die Orban-treue Presse kaum über das Ergebnis der Vorwahlen. Dennoch lag die vereinte Opposition in jüngsten Umfragen zuletzt vor der regierenden Fidesz-Partei.

Was Marki-Zay zugute kommt, ist, dass er auch konservative Wählerschichten im ländlichen Raum anspricht. Im bisherigen Wahlkampf versprach er einen pro-europäischen Kurs und ein entschiedenes Vorgehen gegen Korruption. Im Vorwahlkampf zielte Fidesz mit ihren Kampagnen vor allem gegen den Bürgermeister Karacsonyi. Marki-Zay dürfte für die Wahlkämpfer*innen der Regierung schwerer zu greifen sein.

Welche Rolle spielt die EU im ungarischen Wahlkampf?

Die EU-Kommission soll sich aus Wahlen für nationale Parlamente und Regierungen heraushalten. Ein öffentliches Partei ergreifen aus Brüssel ist daher nicht zu erwarten. Wir müssen dennoch deutlich machen, dass die Orban-Regierung trotz Autokraten-Kurs weiterhin Milliarden an EU-Zahlungen erhält. Große Teile davon landen bei Vertrauten von Orban und werden für den Machterhalt missbraucht. Wir können aber nicht zulassen, dass Europas Steuerzahler*innen die Wahlkampagne eines korrupten Autokraten unterstützen! Die EU-Kommission muss den Rechtsstaatsmechanismus sofort zur Anwendung bringen, damit die ungarische Opposition in freien UND fairen Wahlen antreten kann. Corona-Hilfen dürfen nicht ausgezahlt werden, solange es keine unabhängige Justiz gibt, die deren Verwendung kontrolliert!

Die vergangenen Wochen in Ungarn waren geprägt von einem demokratischen Geist, wie er in den zehn Jahren unter der Fidesz-Regierung von Viktor Orban nur selten zu beobachten war.

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Korruption ist eine der größten Bedrohungen für unsere Demokratie. Autokratische Regierungen missbrauchen EU-Milliarden, um ihre Macht zu festigen, freie Medien aufzukaufen oder schlicht, um sich selbst zu bereichern. Die EU-Kommission verkennt die Gefahr und agiert fahrlässig. Ich setze mich entschieden dafür ein, dass Autokraten in Europa die EU-Gelder gestrichen und unsere Werte verteidigt werden.