Parlament und Mitgliedstaaten verhandeln Europas wichtigste Finanzregeln - An diesen drei Punkten drohen Konflikte
Gestern (Mittwoch) haben die Verhandlungen zwischen Europaparlament und den EU-Mitgliedstaaten zu den Finanzregeln der EU begonnen. Was zunächst sehr trocken klingen mag, ist eines der wichtigsten Gesetze für den EU-Haushalt. Denn hier wird geregelt, wie Milliardenzahlungen aus Europa verteilt werden – und auch wann sie zurückgehalten werden können, wenn Korruptionsgefahr besteht oder Europäische Werte verletzt werden. Wir verhandeln ein Gesetz, dass zu einem zentralen Instrument zur Durchsetzung Europäischer Werte und der Bekämpfung von Autokratie und Korruption in der EU werden kann.
In den Verhandlungen unter den Parlamentsfraktionen Anfang des Jahres konnten Alexandra Geese und ich bereits starke Maßnahmen durchsetzen. In den nun anstehenden Verhandlungen mit dem Rat wird das Parlament allerdings kämpfen müssen, um sich mit dieser starken Position durchzusetzen. Die Ratsposition sieht eine signifikante Verwässerung des ursprünglichen Kommissionsvorschlags vor. Es besteht die Gefahr, dass wirksamer Schutz gegen Korruption aus den Regeln einfach herausgestrichen wird. Eine Übersicht der größten Knackpunkte zwischen Parlament und Rat:
- Verknüpfung der Auszahlung von EU Geldern mit der Einhaltung von Grundrechten: Nach Willen des Parlaments soll es der Kommission in Zukunft möglich sein, die Zahlungen sämtlicher EU-Gelder auszusetzen, wenn ein Mitgliedstaat sich nicht an die EU-Grundrechtecharta hält. Die entsprechenden Änderungsanträge wurden im Rat allerdings abgelehnt. Damit würde die Kommission auch in Zukunft weiterhin keine EU Gelder aus bestimmten Fördertöpfen, wie beispielsweise den milliardenschweren Agrarfonds, zurückhalten können, wenn in einem Mitgliedstaat systematisch Grundrechte verletzt werden.
- Transparenz über die Empfänger*innen von EU Geldern: Aufgrund der chaotischen Datenlage weiß die EU im Prinzip nicht, wer EU Gelder eigentlich bekommt. Mit der Überarbeitung der Haushaltsordnung soll nach dem Willen von Kommission und Parlament nun eine einheitliche, teils öffentlich zugängliche, Datenbank über die EU-Geld Empfänger*innen geschaffen werden. Der Rat unterstützt zwar den Aufbau der Datenbank, möchte aber, dass nur die Eintragung der Empfänger*innen im sogenannten “indirekten Management” (über Dritte) verpflichtend ist. Alle Empfänger*innen, die EU Gelder entweder direkt von der Kommission erhalten (“direktes Management”) oder sie über die Mitgliedsstaaten erhalten (“geteiltes Management”) sollen nicht verpflichtend in der Datenbank erfasst werden müssen. Damit würde die Datenbank mehr oder weniger nutzlos werden, denn alleine über das geteilte Management werden rund zwei Drittel aller EU Gelder vergeben. Ein Beispiel: Hierzu gehören auch jene Gelder, die Viktor Orbans Schwiegersohn im LED-Straßenlaternen Betrugsfall erhalten hatte. Sie würden in der Datenbank nicht erfasst.
- Ausweitung der EU ‘Blacklist’: Wer mit EU-Geldern betrogen hat, sollte eine Zeit keine mehr bekommen. Klingt selbstverständlich – bisher konnten aber nur die Empfänger*innen von ca. 20% der EU-Gelder auf eine Blacklist gesetzt werden, wenn sie sich der Korruption, des Betrugs, Geldwäsche, Kinderarbeit, des Terrorismus oder Ähnlichem schuldig gemacht haben. Kommission und Parlament möchten auch hier den Anwendungsbereich auf das “geteilte Management” ausweiten, sodass zukünftig eine Sperrung bei allen Empfänger*innen von EU-Geldern möglich ist. Der Rat möchte den bestehenden, sehr eng gefassten Anwendungsbereich der Blacklist allerdings beibehalten. Sprich: Man kann wegen schwerwiegender Verbrechen wie Korruption, Betrug, Geldwäsche oder Kinderarbeit im Zusammenhang mit der Ausgabe von EU Geldern verurteilt worden sein, sich nach dem Willen des Rates aber unmittelbar danach wieder auf EU-Gelder bewerben.
Zeitplan für die Verhandlungen
Die zweite sogenannte Trilog Verhandlung zwischen Parlament, Rat und Kommission ist für September angesetzt. Die Verhandlungen werden sich voraussichtlich über mehrere Monate ziehen. Ziel ist, die überarbeitete Haushaltsordnung noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden.