Daniel Freund

18. September 2022 Antikorruption

EU-Kommission will 7,5 Milliarden Euro für Ungarn einfrieren: Zu spät, zu wenig, zu halbherzig

Die EU Kommission möchte Ungarn im Rahmen des laufenden Rechtsstaatsverfahrens 7,5 Milliarden Euro einfrieren. Dies kündigte Kommissar Hahn soeben in einer Pressekonferenz an. Konkret sollen 65% der Gelder aus drei Kohäsionsprogrammen suspendiert werden. Außerdem dürfen keine Gelder mehr an die sogenannten “Public Interest Foundations” fließen, die unter der Kontrolle von Orban und seinen Alliierten stehen. Schätzungen zufolge entspräche dies einer Kürzung von circa 20% der EU Gelder, die im laufenden mehrjährigen Budget an Ungarn fließen sollen.

Der Kommissionsvorschlag wird nun an den Rat der Finanzminister*innen (ECOFIN) weitergeleitet, die spätestens innerhalb von drei Monaten darüber abstimmen müssen. Die ungarische Regierung hat nach Verhandlungen mit der Kommission bereits ein Paket mit 17 Maßnahmen angekündigt, um die Rechtsstaatsbedenken der EU auszuräumen. Unter anderem soll eine neue Anti-Korruptionsbehörde geschaffen werden, die die ordnungsgemäße Verwendung von EU Geldern in Zukunft sicherstellt. 

Daniel Freund, Verantwortlicher der Grünen für den Rechtsstaatsmechanismus im Haushaltskontrollausschuss des Europaparlaments, kommentiert:

“Was die EU-Kommission hier als Erfolg verkauft, ist bei näherer Betrachtung weniger beeindruckend. Ursula von der Leyen bleibt weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. 80 Prozent der EU-Zahlungen sollen weiter ungehindert nach Ungarn überwiesen werden. 27 Milliarden Euro fließen damit weiter in das korrupte System von Viktor Orban. Ungarn ist keine Demokratie mehr und daran wird auch dieser Schritt von von der Leyen nichts ändern. Sie hat mit dem Rechtsstaatsmechanismus ein starkes Instrument, dass sie zu spät und viel zu zurückhaltend nutzt.”

“Es ist fatal, dass Viktor Orban mit ein paar Scheinreformen diese Sanktionen vor Jahresende noch abwenden kann. Die Bedingungen, die Ursula von der Leyen hier aufstellt, sind viel zu schwach. Um den Rechtsstaat in Ungarn wiederherzustellen, braucht es ein entschiedenes Auftreten, nicht nur ein paar Nachbesserungen im ungarischen Vergaberecht. Viktor Orban hat Demokratie und Rechtsstaat in den vergangenen zwölf Jahren systematisch zerstört. Die EU-Kommission schlägt nicht eine einzige Maßnahme vor, die Gerichte und Staatsanwaltschaften wieder unabhängig machen würde. Somit gibt Ursula von der Leyen das stärkste Werkzeug zum Schutz des Rechtsstaat fahrlässig aus der Hand.”

“Der Ball liegt jetzt bei den EU-Mitgliedstaaten. Sie dürfen Orban nicht davonkommen lassen. Es darf keine EU-Gelder für autokratische Regierungen in der Europäischen Union geben.”

Die Details des Kommissionsvorschlags und das von der ungarischen Regierung vorgeschlagene Maßnahmenpaket sind unter folgendem Link verfügbar (auf Englisch): https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/about_the_european_commission/eu_budget/com_2022_485_1_en_act.pdf 

Die Bedingungen, die Ursula von der Leyen hier aufstellt, sind viel zu schwach.

Mehr zum Thema

Korruption ist eine der größten Bedrohungen für unsere Demokratie. Autokratische Regierungen missbrauchen EU-Milliarden, um ihre Macht zu festigen, freie Medien aufzukaufen oder schlicht, um sich selbst zu bereichern. Die EU-Kommission verkennt die Gefahr und agiert fahrlässig. Ich setze mich entschieden dafür ein, dass Autokraten in Europa die EU-Gelder gestrichen und unsere Werte verteidigt werden.