Stimmrecht entziehen, EU-Gelder einfrieren: Greift die EU jetzt endlich durch gegen Viktor Orban?
Unter den EU-Mitgliedstaaten reifen laut Medienberichten offenbar Pläne, Viktor Orban das Stimmrecht zu entziehen und das Einfrieren aller EU-Gelder an Ungarn anzudrohen. Über entsprechende Initiativen berichteten Politico (am Freitag) und die Financial Times (am Montag). So hätten sich im Rat mehrere Mitgliedstaaten gefunden, die ein entsprechendes Vorgehen gegen die Regierung von Viktor Orban befürworten und vorantreiben würden. Der Stimmrechtsentzug würde eine einstimmige Abstimmung in einem Artikel-7-Verfahren gegen Ungarn voraussetzen. Das Einfrieren aller EU-Gelder wäre im Rahmen des Rechtsstaatsmechanismus gegen Ungarn möglich – setzt aber ein entsprechendes Verfahren der EU-Kommission voraus. Begründet wird die Androhung dieser beiden ‘scharfen Schwerter’ mit der fortwährenden Blockade der Ukraine-Hilfen durch Viktor Orban. Sie müssen vor dem Hintergrund des EU-Gipfels in dieser Woche gesehen werden. Teile der EU-Mitgliedstaaten sind offenbar nicht mehr gewillt, weitere finanzielle Zugeständnisse an die Orban-Regierung zu machen.
Daniel Freund, Verhandler der Grünen für den Rechtsstaatsmechanismus im Europaparlament, kommentiert:
“Einige Mitgliedstaaten wachen endlich auf. Der Stimmrechtsentzug und das Einfrieren aller EU-Gelder sind die schärfsten Schwerter der EU gegen einen Mitgliedsstaat. Das Signal aus Brüssel an Viktor Orban wäre eindeutig: Wir lassen uns nicht weiter mit Vetos aus Budapest erpressen. Dieser Schritt ist richtig und längst überfällig. Es kann nicht sein, dass Viktor Orban für sein Veto mit Milliarden aus Brüssel belohnt wird. Ob beide Verfahren aber wirklich jemals in dieser Form zur Anwendung kommen, ist fraglich. Offenbar geht es darum, noch vor dem Gipfel am Donnerstag Orbans Veto-Drohung zu knacken. Richtig wäre es, sowohl das Artikel-7-Verfahren, als auch den Rechtsstaatsmechanismus nicht politisch zu nutzen. Der Zweck beider Verfahren ist es, den Rechtsstaat in Ungarn zu reparieren. Genau dafür müssen sie auch zur Anwendung kommen. Wenn sich jetzt der Eindruck erhärtet, man mache das nur wegen Orbans Veto, dann wäre das falsche Signal an Ungarn, man könne über den Rechtsstaat verhandeln. In keinem Fall dürfen diese Verfahren fallengelassen werden, wenn Viktor Orban auf dem Gipfel einknickt und den EU-Hilfen an die Ukraine grünes Licht gibt.”
Bericht zum Artikel-7-Verfahren auf POLITICO (auf Englisch):
Bericht in der Financial Times zum Einfrieren von EU-Geldern (auf Englisch):
Einige Mitgliedstaaten wachen endlich auf.