Daniel Freund

27. Dezember 2024 Antikorruption

Warum Orbans Ratspräsidentschaft die schlechteste der EU Geschichte war

Ungarn hatte in den vergangenen sechs Monaten die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union inne. Lange war umstritten, ob Ungarn diese Rolle überhaupt übernehmen dürfe, da das Land unter der Orban-Regierung keine Demokratie mehr ist und mehrere Rechtstaatsverfahren laufen. Wie hat die Orban-Regierung nun aber während der Ratspräsidentschaft abgeschnitten? Eine kleine Bilanz:

Quantitativ schlecht:

  • Insgesamt hat die ungarische Ratspräsidentschaft nur 8 Gesetzgebungsverfahren (Ordinary Legislative Procedures, OLP) zu Ende verhandelt. Das ist ein Bruchteil dessen, was eine Ratspräsidentschaft normalerweise verhandelt (Belgien 69, Spanien 68, Schweden 46). Auch im Vergleich mit anderen Ratspräsidentschaften nach Europawahlen schneidet die Orban-Regierung so schlecht ab wie niemals zuvor (Finnland 2019: 23, Italien 2014: 20).

Qualitativ schlecht:

  • Mit seiner vermeintlichen Friedensmission nach Kyjiw, Moskau und Mar-a-Lago (inklusive Handschlag mit Wladimir Putin) gleich zu Beginn der Ratspräsidentschaft hat Orban nicht nur die Europäische Einigkeit untergraben, sondern vermutlich auch gegen die EU-Verträge verstoßen, die eine außenpolitische Rolle im Namen der Union nicht erlauben.
  • Orbans brachiales Auftreten hat dazu geführt, dass bereits im Juli 2024 die EU-Kommission angekündigt hat, Treffen mit der ungarischen Ratspräsidentschaft zu boykottieren. Orban hat das Europaparlament und die EU-Kommission wiederholt mit Unwahrheiten diffamiert und ist an der Rolle des “ehrlichen Maklers” zwischen den EU-Institutionen kläglich gescheitert.
  • Mit seinem Last-Minute-Versuch, im Dezember einen Waffenstillstand in der Ukraine zu verhandeln, hat er den ukrainischen Präsidenten Selenski verprellt und abermals die Europäische Einigkeit untergraben.

Innenpolitisch schlecht:

  • Die ungarische Regierung hat es nicht geschafft, irgendwelche Reformversprechen beim Rechtsstaat einzulösen. Die jüngsten Reformversuche der Orban-Regierung waren unzureichend (Details hier). Der Rechtsstaat in Ungarn ist weiterhin kaputt. 22,5 Milliarden Euro EU-Gelder bleiben eingefroren, über eine Milliarde verfallen zum Jahresende und sind damit für die Ungarinnen und Ungarn verloren
  • Die Orban-Regierung steht im Verdacht, den Oppositionsführer und EU Delegationen systematisch abgehört zu haben. Eine Abkehr vom autoritären Kurs der Regierung in Budapest ist nicht erkennbar.

Fazit:

Eine gute Ratspräsidentschaft erkennt man in der Regel an ihrer ‘Unsichtbarkeit’ – weil sie im Hintergrund wirkt, aushandelt, Kompromisse findet und am Ende viele Gesetze und Entscheidungen beschlossen werden können. Viktor Orban ist genau das Gegenteil gelungen. Er war laut, er hat es poltern lassen – nur Europa hat er kein bisschen vorangebracht. Man kann froh sein, dass es vorbei ist – und mit der Übernahme der polnischen Ratspräsidentschaft ein Stück weit Normalität zurückkehrt.

Eine gute Ratspräsidentschaft erkennt man in der Regel an ihrer ‘Unsichtbarkeit’ - weil sie im Hintergrund wirkt, aushandelt, Kompromisse findet und am Ende viele Gesetze und Entscheidungen beschlossen werden können. Viktor Orban ist genau das Gegenteil gelungen.

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Korruption ist eine der größten Bedrohungen für unsere Demokratie. Autokratische Regierungen missbrauchen EU-Milliarden, um ihre Macht zu festigen, freie Medien aufzukaufen oder schlicht, um sich selbst zu bereichern. Die EU-Kommission verkennt die Gefahr und agiert fahrlässig. Ich setze mich entschieden dafür ein, dass Autokraten in Europa die EU-Gelder gestrichen und unsere Werte verteidigt werden.