Daniel Freund

13. Oktober 2021 Transparenz

TI-Studie zu Nebeneinkommen: 29 Europaabgeordnete verdienen außerhalb mehr als durch Mandat

27 Prozent der Abgeordneten im Europäischen Parlament verfügen über zum Teil signifikante Nebeneinkünfte neben ihrem politischen Mandat (Vgl. alter Bundestag: 35,5%). Bei 23 Abgeordneten haben diese Einkommen im Laufe der Legislaturperiode sogar noch zugenommen. Das geht aus einer Auswertung der Angaben zu finanziellen Interessen durch die NGO Transparency International hervor.

  • ID & EVP mit den meisten Nebenverdiener*innen: 38 Prozent der Abgeordneten der rechten ID-Fraktion haben dem Europaparlament Nebeneinkünfte gemeldet. Der Anteil der Nebenverdiener*innen ist bei GUE/Linke mit 10 Prozent am geringsten. Unter den deutschen Abgeordneten hat Engin Eroglu (FW) die höchsten Nebeneinkünfte (min. 72.048 EUR p.a.) gemeldet.
  • 29 Abgeordnete verdienen mehr im “Nebenjob” als im Mandat: Mit der Höhe der Nebeneinkünfte steigt auch die Gefahr von Interessenkonflikten. Mindestens 29 Abgeordnete nehmen durch Nebentätigkeiten mehr Geld ein, als durch ihre Diäten. Die Top-Dazuverdiener im Europaparlament nehmen zusammen mindestens drei Millionen Euro pro Jahr ein. Absoluter Spitzenreiter ist der polnische EVP-Abgeordnete Radoslaw Sikorski (min. 588.048 EUR p.a.).
  • Vage Angaben zu Arbeitgebern – mangelhafte Kontrolle: Rund 15 Prozent der Dazuverdiener*innen haben Einkommensquellen mit nur geringer Aussagekraft gemeldet (bspw. “wirtschaftliche Tätigkeit”, “Auftragnehmer”, “unregelmäßige Beratung”). Die tatsächlich erbrachten Leistungen sind dadurch nicht erkennbar. Ob ein Interessenkonflikt vorliegt, kann nicht nachvollzogen werden. Die Regeln werden darüber hinaus vom Parlamentspräsidenten überwacht, der selbst einer der politischen Fraktionen im Europaparlament angehört.

Daniel Freund (Grüne), Berichterstatter für ein unabhängiges Ethikgremium in den EU-Institutionen, kommentiert:

“Signifikante Nebeneinkünfte von gewählten Abgeordneten bringen immer auch die Gefahr von Interessenkonflikten mit sich. Wo das Nebeneinkommen selbst die Diäten deutlich übersteigt, stellt sich die Frage, was der Nebenjob ist. Unverständliche Angaben zu den Einkommensquellen zeigen deutlich die Transparenzlücken im Europaparlament auf. Mit dem bisherigen System der Selbstkontrolle lassen sich potenzielle Interessenkonflikte von Abgeordneten nicht ausräumen. Die Studie zeigt: wir brauchen endlich ein unabhängiges Kontrollgremium. Die Antwort der Kommission auf das Votum des Parlaments muss ein Gremium mit Zähnen sein.”

Signifikante Nebeneinkünfte von gewählten Abgeordneten bringen immer auch die Gefahr von Interessenkonflikten mit sich. Wo das Nebeneinkommen selbst die Diäten deutlich übersteigt, stellt sich die Frage, was der Nebenjob ist.