Daniel Freund

11. März 2021 Antikorruption

Polen und Ungarn klagen gegen Rechtsstaatsmechanismus: Kommission darf nicht weiter tatenlos bleiben

Soeben haben Ungarn und Polen Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen den Rechtsstaatsmechanismus eingereicht. Die beiden Mitgliedstaaten möchten mit ihrer Klage bewirken, dass die Verordnung zur Schaffung des Rechtsstaatsmechanismus für nichtig erklärt wird.

Der Mechanismus war nach zähen Verhandlungen am 01. Januar 2021 in Kraft getreten. Ungarn und Polen hatten zuvor mit allen Mitteln versucht, die Schaffung des Mechanismus zu verhindern. Unter anderem drohten sie mit einem Veto des neuen EU Finanzpakets und den Coronahilfen. Obwohl der Mechanismus seit nunmehr gut zwei Monaten geltendes Recht ist und damit anwendungsbereit wäre, weigerte sich die Kommission bislang, ihn auszulösen. Vertreter*innen der Kommission erklärten, man wolle den Ausgang einer möglichen Klage vor dem Gerichtshof abwarten.

Daniel Freund, Verhandlungsführer der Grünen für den Rechtsstaatsmechanismus, erklärt:

„Der EuGH muss die Klagen von Polen und Ungarn nun schnell prüfen. In erster Linie ist aber die EU-Kommission gefordert. Es kann nicht sein, dass geltendes EU-Recht einfach auf Eis gelegt wird, während Mitgliedstaaten dagegen klagen. Die unabhängige Justiz in Polen steht unter enormen Druck. Gleichzeitig geht Viktor Orban in Ungarn mit dem Vorschlaghammer gegen freie Medien vor, während EU-Mittel zum Machterhalt missbraucht werden. Hier muss jetzt mit Sanktionen von EU-Seite entgegengesteuert werden. Nicht erst in zwei Jahren. Der Rechtsstaat in Europa kann nicht warten. Wenn die EU-Kommission weiter tatenlos bleibt und geltendes Recht nicht umsetzt, wird das Europäische Parlament Klage gegen die EU-Kommission vor dem EuGH einreichen.“

Zum Abschluss der Verhandlungen im vergangenen Jahr hatte die Kommission auf Druck von Ungarn, Polen und der deutschen Ratspräsidentschaft einem Hinterzimmerdeal zugestimmt. Damit Ungarn und Polen der Schaffung des Mechanismus zustimmen, erklärte die Kommission, den Mechanismus nicht auslösen zu wollen, solange eine Klage gegen dessen Rechtmäßigkeit vor dem EuGH anhängig ist. Dies würde die Anwendung des Mechanismus um bis zu zwei Jahre hinausziehen. 

Aus rechtlicher Sicht kann die Anwendung des Mechanismus nicht durch eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aufgehalten werden. Erst wenn der EuGH den Mechanismus in einem Urteil für nichtig erklärt, wäre es der Kommission untersagt, ihn anzuwenden.

In meiner Rede Europaparlament habe ich die Kommission erneut zum Handeln aufgerufen.

Einen Mitschnitt findet ihr hier.