“Wer mit den Extrem-Rechten paktiert, verhilft ihnen zum Machtgewinn.” - Offener Brief an EVP-Chef Manfred Weber (CSU)
Am 25. September hat mit der Fratelli d’Italia eine in Teilen rechtsextreme Partei die meisten Stimmen bei der Parlamentswahl in Italien gewonnen. Die Partei-Vorsitzende Giorgia Meloni vertritt rechtspopulistische Positionen, die nicht mit Europäischen Grundwerten vereinbar sind, die offen zur Diskriminierung von Menschen aufrufen und die die grausamsten Verbrechen in der Europäischen Geschichte leugnen. Diese Entwicklung ist besorgniserregend, vor allem auch, weil Meloni bald einer rechten Regierung in Italien vorstehen könnte.
Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber von der CSU, hat das rechte Bündnis um Meloni mit seinem Einsatz im Wahlkampf für Forza Italia unterstützt. Stimmen des EVP-Mitglieds Forza Italia könnten jetzt der Extrem-Rechten Meloni in das Amt der Ministerpräsidentin verhelfen. Die Brandmauer nach rechts wäre gefallen – ein unerträglicher Zustand.
Gemeinsam mit Katarina Barley (SPD) und Moritz Körner (FDP) habe ich deshalb einen offenen Brief an Manfred Weber geschrieben. Unser Anliegen: Es darf keine Beteiligung der EVP an einer rechtsextremen Regierung in Italien geben. Sollte die Forza Italia dennoch einer Regierungsbildung zustimmen und Giorgia Meloni zur Ministerpräsidentin mitwählen, darf sie keine Zukunft in der pro-europäischen Parteienfamilie der Europäischen Volkspartei haben. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Brandmauer gegen rechts bröckelt!
Ich möchte den Brief hier gerne mit Euch teilen:
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Sehr geehrter Herr Weber,
Mit Unverständnis mussten wir beobachten, dass auch Sie mit Ihrem Einsatz für Forza Italia im italienischen Wahlkampf das rechte Bündnis um Fratelli d’Italia, Forza Italia und Lega unterstützt haben. Dass sich mit Forza Italia ein Mitglied der Europäischen Volkspartei (EVP) an diesem Bündnis beteiligt hat, ist gefährlich. Wir sind überzeugt, dass mit dieser Allianz der Einfluss von Giorgia Meloni nicht eingehegt wird.
Europäische Grundwerte dürfen nicht geopfert werden, um Regierungsbeteiligung zu erkaufen. Stimmen aus einer pro-europäischen Parteienfamilie dürfen nicht eine rechtsextreme Regierung an die Macht bringen. Die demokratische Brandmauer nach rechts darf nicht fallen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Italien zum Präzedenzfall für Europa wird und noch mehr rechtsextreme Parteien in ihrem Machtstreben mit konservativen Kräften paktieren. Wer sich mit den Extrem-Rechten verbündet, der zähmt sie nicht. Wer mit den Extrem-Rechten paktiert, verhilft ihnen zum Machtgewinn. Viktor Orbans Fidesz in Ungarn ist hierfür das schmerzhafteste Beispiel.
Wir möchten Sie daher bitten, auch die EVP-Mitglieder in Italien auf diesen pro-demokratischen und pro-europäischen Konsens zu verpflichten. Er hat sich in vielen EU-Staaten bewährt, um Rechtsextreme Positionen und Parteien aus den Regierungen zu halten. So ist es in Deutschland bislang nicht dazu gekommen, dass eine demokratische Partei der rechtsextremen AfD in Regierungsverantwortung verholfen hat.
Trotz der EVP-Unterstützung für die Fratelli d’Italia ist es nicht zu spät, eine rechtsextreme Regierungschefin Giorgia Meloni in Italien zu verhindern. Wir bitten Sie daher, als Vorsitzender der Europäischen Volkspartei an Ihre Mitglieder in Italien zu kommunizieren, dass es keine Beteiligung der EVP an einer rechtsextremen Regierung in Italien geben darf. Sollte die Forza Italia dennoch einer Regierungsbildung zustimmen und Giorgia Meloni zur Ministerpräsidentin mitwählen, darf sie keine Zukunft in der pro-europäischen Parteienfamilie der Europäischen Volkspartei haben.
Europas Konservative sollten ein essenzieller Baustein der Brandmauer gegen rechte Demokratiefeinde sein. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie bröckelt und vertrauen auf Ihre Unterstützung.
Mit freundlichen Grüßen,
Daniel Freund, MdEP Grüne
Katarina Barley, MdEP SPD
Moritz Körner, MdEP FDP
Die demokratische Brandmauer nach rechts darf nicht fallen.