Polen und Ungarn: Mehr als Zwei Drittel der EU-Zahlungen eingefroren
Aufgrund von Rechtsstaatsverstößen hält die EU-Kommission aktuell 138 Milliarden an Polen und Ungarn zurück. Die EU-Zahlungen stammen sowohl aus dem regulären Haushalt, als auch aus dem Corona-Wiederaufbaufonds. In Summe sind aktuell rund 27,8 Milliarden Euro an Ungarn und 110,8 Milliarden an Polen suspendiert. Der Anteil der eingefrorenen Gelder an den Geldern, die den Ländern aktuell zustünden beträgt damit 68% für Ungarn und 77% für Polen. Die Zahlen im Detail:
UNGARN
Corona-Wiederaufbaufonds
Der ungarische Wiederaufbauplan wurde von der EU-Kommission und dem Rat der Mitgliedstaaten zwar genehmigt. Die für die Auszahlung notwendigen Meilensteine gelten aber bislang als nicht erfüllt. 5,8 Milliarden Euro werden deshalb nicht ausbezahlt.
Dachverordnung (Common Provisions Regulation)
Die Dachverordnung für gemeinsame Bestimmungen (“CPR” – Common Provisions Regulation) bindet die Ausgabe von EU-Geldern aus acht Fonds an eine Verpflichtung für Mitgliedstaaten, bei der Vergabe die EU Grundrechte-Charta zu achten. Die Kommission kam zu dem Schluss, dass Ungarn diese Bedingung momentan nicht erfüllt. Grund dafür sind die mangelnde Unabhängigkeit der Justiz, das sogenannte “Kinderschutzgesetz” und “ernsthafte Risiken” für die akademische Freiheit und das Asylrecht. Das Resultat: 22 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt sind eingefroren.
Rechtsstaatsmechanismus
Im Rahmen des Rechtsstaatsmechanismus wurden Ende 2022 rund 6,3 Milliarden Euro aus dem regulären EU-Haushalt an Ungarn eingefroren. Um eine Auszahlung zu gewährleisten, muss die ungarische Regierung in Summe 17 Bedingungen erfüllen. Das Reformpaket wurde mit der EU-Kommission ausgehandelt, bisher aber unzureichend umgesetzt. Die 6,3 Milliarden Euro sind auch Bestandteil der 22 Milliarden, die im Rahmen der Dachverordnung aktuell nicht ausgezahlt werden.
POLEN
Corona-Wiederaufbaufonds
Der polnische Wiederaufbauplan wurde von der EU-Kommission und dem Rat der Mitgliedstaaten Mitte 2022 genehmigt. Die für die Auszahlung notwendigen Meilensteine gelten aber bislang als nicht erfüllt. Sie beziehen sich auf eine Rücknahme der umstrittenen polnischen Justizreformen. Aktuell gibt es offenbar Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und der polnischen Regierung darüber, ob die jüngsten polnischen Gesetzesänderungen im Justizbereich mit einem Erfüllen der Meilensteine gleichzusetzen sind. Dennoch: 35,4 Milliarden Euro wurden bislang noch nicht ausbezahlt.
Dachverordnung (Common Provisions Regulation)
Auch Polen kann nach Ermessen der Kommission zur Zeit nicht garantieren, dass EU Gelder im Einklang mit der Grundrechte-Charta ausgegeben werden. Im Falle von Polen ist noch unklar, wo genau die Kommission eine Verletzung der Grundrechte fürchtet. Es ist davon auszugehen, dass es sich vor allem um die Verletzung der Rechte von LGBTI Personen sowie um die mangelnde Unabhängigkeit der Justiz handelt. Das Resultat: 75 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt sind eingefroren.
Rechtstaatsmechanismus
Der Konditionalitätsmechanismus wurde gegen Polen – trotz mehrfacher Aufforderung des Europäischen Parlaments – nicht ausgelöst.
Strafzahlung wegen Nichtbeachtung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs
Die polnische Regierung hat das EuGH-Urteil zur umstrittenen Disziplinarkammer in der Justiz nicht umgesetzt. Folglich hat der EuGH im Oktober 2021 Strafzahlungen in Höhe von 1 Millionen Euro/Tag ausgesprochen. Da sich die polnische Regierung weigert, die Strafen zu zahlen, werden sie von den Überweisungen aus Brüssel abgezogen. Bis heute belaufen sich diese in Summe auf 460 Millionen Euro. Da es sich hierbei um Strafzahlungen und nicht um eingefrorene Transfers handelt, sind diese Gelder unwiderruflich verloren.