Transparency-Studie: Dramatischer Anstieg bei der Wahrnehmung von Korruption in Europa
Regierungshandeln wird in Europa seit Beginn der Corona-Pandemie als immer korrupter wahrgenommen. Jede/r Vierte Deutsche glaubt, dass die Korruption in Deutschland im vergangene Jahr zugenommen hat. Das sind die Erkenntnisse des “Globalen Korruptionsbarometers” der NGO Transparency International, dass heute (Dienstag) veröffentlicht wird. Die Wahrnehmung von Korruption stieg demnach in allen Mitgliedstaaten der EU. Am drastischsten war die Zunahme in Zypern, Slowenien und Bulgarien.
Die Haupterkenntnisse:
Mehr als 60% der Europäer*innen sehen Korruption als Problem in der eigenen Regierung: Intransparente Deals bei der Beschaffung von Masken, undurchsichtige Vergabe von Corona-Geldern. Die Corona-Pandemie wirkt wie ein Katalysator für die Korruptionswahrnehmung in Europa. Dreiviertel der Befragten geben an, dass die Lage der Korruption im Land stagniert, oder sich sogar verschlimmert.
Kaum wirksame Strafen gegen korrupte Politiker*innen und Beamt*innen: Nur jede/r fünfte Europäer*in glaubt, dass auf korrupte Taten auch angemessene Sanktionen folgen. In Deutschland sind 39% der Befragten überzeugt, dass die Bundesregierung nicht genug im Kampf gegen Korruption unternimmt.
Gesundheitssektor als “Korruptions-Hot-Spot”: Schon vor Bekanntwerden der Maskenaffäre in Deutschland, wurde das Gesundheitswesen als besonders anfällig für Korruption ausgemacht. Immerhin sechs Prozent der Befragten gaben an, schon einmal Schmiergelder im Gesundheitssektor bezahlt zu haben. Fast ein Drittel habe über “Beziehungen” Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen bekommen.
Daniel Freund, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Anti-Korruption im Europaparlament, kommentiert:
“Die Erkenntnisse der Studie sind alarmierend. Sie zeigen deutlich: Korruption in den EU-Mitgliedstaaten ist ein enormes Problem. Sie untergräbt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unsere Demokratien. Gleichzeitig unternehmen Mitgliedstaaten und EU-Kommission zu wenig dagegen. In der Corona-Pandemie hat sich die Wahrnehmung von Korruption noch einmal deutlich verschlimmert.”
“Das Problem wird sich in den kommenden Monaten noch einmal deutlich verschärfen. Mit den Corona-Fonds wird die Europäische Union mehr Geld auszahlen, als je zuvor. Gleichzeitig investiert die EU aber nicht ausreichend in die Korruptionsbekämpfung. Die neu geschaffene Europäische Staatsanwaltschaft verfügt nicht über ausreichend Ressourcen, der bestehende Rechtsstaatsmechanismus wird nicht angewandt.”
“Korrupte Politiker in Europa lassen sich nicht durch Selbstverpflichtungen oder Ehrenerklärungen abschrecken. Sie müssen schmerzhafte Konsequenzen für ihr Fehlverhalten fürchten. Zudem müssen die Rahmenbedingungen für Saubere Politik geschaffen werden. Masken-Affäre und Aserbaidschan-Connection im Bundestag haben gezeigt, dass auch Deutschland nicht immun ist gegen Korruption. Wir brauchen echte Transparenz bei Lobbytreffen und Nebeneinkommen – und eine unabhängige Kontrolle von Verhaltensregeln für Politiker*innen.”