Daniel Freund

5. Januar 2022 Demokratie

Französische Ratspräsidentschaft: Aufbruchstimmung verpufft

Am 1. Januar hat Frankreich die rotierende Ratspräsidentschaft der EU von Slowenien übernommen. In den kommenden sechs Monaten wird die französische Regierung die politische Agenda der Europäischen Union prägen. Unter den Schlagworten relance, puissance, appartenance (Aufschwung, Stärke, Zugehörigkeit) hat der Elysee ein 76-seitiges Programm für das kommende halbe Jahr vorgestellt. Der Kampf gegen die Folgen der Covid-19-Pandemie ist demnach die Top-Priorität der Franzosen, gefolgt von der “Stärkung der Europäischen Demokratie” und der “Stärkung des Rechtsstaats”. Trotz des Voranstellens der Bereiche Demokratie und Rechtsstaat bleibt die französische Ratspräsidentschaft im Vagen, wenn es um konkrete und ambitionierte Projekte geht.

Daniel Freund, Mitglied des Europäischen Parlaments für die Grünen, kommentiert:

“Vom erhofften Aufbruch für Europa bleibt im französischen Präsidentschaftsprogramm nicht viel übrig. Vor allen in den Bereichen Demokratie und Rechtsstaat setzt Macron auf bestehende Initiativen. Ambitionierte Vorhaben, die Europa voranbringen könnten, sind nicht zu erkennen. Statt sich für eine Stärkung der Europäischen Demokratie im Rahmen der Zukunftskonferenz einzusetzen und eine offensive Verteidigung des Rechtsstaats in Polen und Ungarn einzufordern hat Frankreichs Präsident Macron die vergangenen Wochen genutzt, um eine Atomkraft-Allianz zu schmieden. Das mag französischen Atom-Unternehmen helfen, Europa aber stärkt es nicht. Mit dem Regierungswechsel in Deutschland gibt es wieder eine Chance, die Europäische Integration ambitioniert voranzutreiben. Macron wäre gut beraten, diese Gelegenheit in den kommenden Monaten zu ergreifen und echte, nachhaltige Reformen auf den Weg zu bringen, die die EU demokratischer und schlagkräftiger für die Zukunft machen.”

 

Zentrale Passagen aus dem Präsidentschaftsprogramm aus dem Bereichen Demokratie und Recht:

Vom erhofften Aufbruch für Europa bleibt im französischen Präsidentschaftsprogramm nicht viel übrig.

Die Präsidentschaft wird einen entschlossenen Beitrag leisten, zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit als wesentliche Voraussetzung für das reibungslose Funktionieren der Union, die auf gegenseitigem Vertrauen und Rechtssicherheit bei der Anwendung unserer gemeinsamen Regeln beruht.



Sie wird die Kommission in ihrer Rolle als Hüterin der Verträge unterstützen und, indem sie unter Mobilisierung der in Artikel 7 EUV vorgesehenen Instrumente, bei der Suche nach einer Lösung für die ermittelten Anliegen durch die Aufrechterhaltung eines offenen und konstruktiven Dialogs. Schließlich wird der Vorsitz, sofern die Bedingungen für seine Anwendung erfüllt sind, für eine schnelle und angemessene Umsetzung des Konditionalitätsmechanismus zum Schutz des Haushalts der Union sorgen.

Die Konsolidierung der europäischen Demokratie wird eine Priorität darstellen.

Die französische Ratspräsidentschaft wird im Rahmen des Ko-Vorsitzes der Konferenz über die Zukunft Europas zusammen mit ihrem Exekutivrat einen aktiven Beitrag zur Konferenz leisten. Eine Zusammenfassung der Arbeit wird bei einer hochrangigen Veranstaltung im Mai in Straßburg erfolgen. Es wird wichtig sein, dass die Ergebnisse der Konferenz auf den Empfehlungen der Bürger, der Zivilgesellschaft und der nationalen Parlamente beruhen. Die Präsidentschaft wird sich dafür einsetzen, dass die Überlegungen zur Zukunft Europas die Prioritäten für das künftige Handeln der Europäischen Union aufzeigen und zu möglichst konkreten Maßnahmen führen, damit die Mittel zu deren Umsetzung ermittelt werden können.



Die europäische Integration wird sich auch in der Verbesserung des rechtlichen Rahmens zur Vorbereitung der nächsten Europawahlen niederschlagen. Die französische Ratspräsidentschaft wird dazu beitragen, die Arbeiten an der Überarbeitung des Statuts und der Finanzierung der politischen Parteien, an den Rahmenbedingungen für politische Online-Werbung und an der Änderung des Wahlgesetzes voranzutreiben.

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