Europaparlament startet Prozess für Vertragsänderungen. Das Wichtigste im Überblick
Das Europäische Parlament hat die Arbeit an der Änderung der EU-Verträge aufgenommen. Die Konferenz zur Zukunft Europas hatte zuvor den EU-Institutionen einen klaren Reformauftrag erteilt. Diese Reformvorschläge gilt es nun in entsprechende Vertragsänderungen zu übersetzen. Im Verfassungsausschuss wurde nun ein legislativer Initiativbericht auf den Weg gebracht, der Artikel 48 auslöst und damit das Verfahren für einen Verfassungskonvent startet. Es freut mich sehr diesen Bericht im Namen der Grünen/EFA-Fraktion verhandeln zu dürfen, zusammen mit Guy Verhofstadt (Renew-Liberale), Sven Simon (CDU), Gaby Bischoff (SPD) und Helmut Scholz (Linke).
Um diese Änderungen geht es
Der erste interne Vorschlag folgt den Prioritäten des Parlamentsbeschluss vom 4. Mai. Uns sind dabei besonders wichtig:
- eine möglichst breite Abschaffung der Einstimmigkeit im Rat
- eine Erweiterung der EU-Zuständigkeit für Gesundheit, Energie, Staatsbürgerschaft
- ein echtes Initiativrecht fürs Parlament
- der Schutz des Rechtsstaats und der Grundrechte
- EU-weite Referenden
- die Kodifizierung sozialer Rechte auf EU-Ebene
- Transparenz und Integrität in den EU-Institutionen
Wie geht’s weiter?
Der Bericht wird am 16. oder 20. Juni im Verfassungsausschuss abgestimmt und geht am 22. Juni 2022 in die Plenarabstimmung. Um dann einen Konvent auszulösen bedarf es einer einfachen Mehrheit im Rat (14 von 27 Mitgliedstaaten). Es wäre wünschenswert, dass die entsprechende Abstimmung noch unter französischer Ratspräsidentschaft stattfindet. Es gibt einigen Grund für Optimismus, dass es im Rat zur nötigen einfachen Mehrheit für die Eröffnung eines Konvents über Vertragsänderungen kommen könnte. Nicht nur das Parlament hat sich mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, sondern auch Emmanuel Macron, der wiedergewählte Präsident Frankreichs und Ratsvorsitzende der EU bis Ende Juni.
Verhaltener Optimismus
Zwar sind einige skandinavische und osteuropäische Staaten skeptisch gegenüber Vertragsänderungen, andererseits sind ihnen gerade jetzt Dinge wichtig, die nur ohne nationale Vetos möglich sind: härtere Sanktionen gegen Russland, wie sie Viktor Orban gerade per Veto aufhält, eine Erweiterung der EU Richtung Ukraine, Moldawien, Westbalkan. Auch die integrationsskeptischen Skandinavier haben gerade gezeigt, dass sie angesichts der Bedrohung durch Russland bereit sind, alte Tabus in Frage zu stellen, wie die Anträge auf Nato-Mitgliedschaft durch Schweden und Finnland zeigen.