Daniel Freund

23. September 2021 Transparenz

EU-Regierungen und 37 Europaabgeordnete fordern mehr Transparenz im Rat und im EU-Gesetzgebungsverfahren

Alle EU-Regierungen und 37 Europaabgeordnete aller pro-europäischen Fraktionen verpflichten sich heute, den Rat und den EU-Gesetzgebungsprozess transparenter zu gestalten und diese Debatte in der Konferenz über die Zukunft Europas zu führen. Die Konferenz über die Zukunft Europas sollte genutzt werden, um mit den Bürgern zu diskutieren, wie dies erreicht werden kann.

Die Botschaft:

„Wir alle verpflichten uns, Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass der Entscheidungsprozess der EU offener wird, damit die Bürger die demokratischen Prozesse der EU besser verfolgen können. Wir verpflichten uns außerdem, international ein starkes Beispiel für einen effektiven, integrativen und transparenten Entscheidungsprozess zu geben.“

 

Daniel Freund, Vertreter der Grünen/EFA im Exekutivausschuss der Konferenz zur Zukunft Europas und Mitunterzeichner der Transparenzerklärung, kommentiert:

„Klimaschutz, Steuergerechtigkeit, Maßnahmen gegen Diktatoren wie Lukaschenko – wo die EU nicht entschlossen handelt, sind es oft einige wenige blockierende Regierungen, die sich im Dunkel der Hinterzimmer des Rates verstecken, die die EU am Handeln hindern. Den Rat transparent machen heißt die EU handlungsbereit zu machen. Es ist ein gutes Zeichen, dass sich alle EU-Regierungen zu den dringend notwendigen Transparenzreformen bereit erklären.“

„Die Intransparenz des Rates ist nicht nur politisch skandalös, sondern schlichtweg illegal. Die Verträge verlangen vom Rat ebenso wie vom Parlament, dass er ‚bei der Beratung [!] und Abstimmung über Gesetzesentwürfe öffentlich tagt‘ (Artikel 15.2 AEUV). Der Rat darf die vielen Fälle, die er wegen mangelnder Transparenz vor den europäischen Gerichten verloren hat, nicht länger ignorieren. Grundsätzlich, so hat der Europäische Gerichtshof 2018 klargestellt, müssen Dokumente, aus denen die Positionen der einzelnen Mitgliedsstaaten hervorgehen, öffentlich sein. Es ist ein Skandal, dass Jahre später immer noch Tausende von Dokumenten aus Trilog-Verhandlungen und vorbereitenden Ratssitzungen im Verborgenen bleiben. Versuche, die Verträge zu umgehen, indem man Sitzungen als informell bezeichnet oder es vermeidet, die Positionen der Mitgliedstaaten in offiziellen Dokumenten festzuhalten, sind ein Schlag ins Gesicht der Bürger und Parlamentarier, denen die Regierungen rechenschaftspflichtig sind.“

„Die Zusage lässt konkrete Vorschläge vermissen, wie der Rat transparent gemacht werden kann. Es ist inakzeptabel, wie der Rat seine Missstände ignoriert, indem er den größten Teil seines Gesetzgebungsprozesses vor den Bürgern geheim hält, wie der Europäische Bürgerbeauftragte feststellte. Das Parlament forderte mit breiter Mehrheit, dass der Rat aufzeichnen und offenlegen soll, wie Regierungen EU-Gesetzesvorschläge unterstützen oder blockieren. Ein Gleichgewicht zwischen dem Wunsch der Regierungen nach einer internen Debatte und dem Recht der Öffentlichkeit, die Regierungen zu informieren und zur Rechenschaft zu ziehen, könnte erreicht werden, wenn der Rat alle paar Monate die Positionen der Mitgliedstaaten zum letzten Vorschlag der Ratspräsidentschaft veröffentlichen würde.“

 

Transparency Pledge (full text)

https://um.dk/en/foreign-policy/denmark-in-the-eu/alliance-for-transparency

“We strive for a European Union that enjoys the full trust of its citizens. A Union that is demonstrably accountable, effective and transparent. And a Union that closely engages with and involves its citizens. This means that citizens should be able to follow how laws affecting their lives are made.

In recent years, the EU and its institutions have shown a commitment to modernising the EU’s legislative working methods, pursuing the principles of transparency and accountability. In July 2020, the Council took an important step towards increasing transparency in its legislative work through active communication and more frequent, more proactive publication of EU legislative documents. Nevertheless, throughout the EU and its institutions, bodies and agencies, there is still more that we can and must do.

That is why we pledge to work for an even higher degree of transparency. Each and every one of us pledges to take steps to ensure that the EU’s decision-making process becomes more open, so that citizens can better follow the EU’s democratic processes. We further pledge to strive to set a strong example internationally of an effective, inclusive and transparent decision-making process.

To this end, we should engage citizens in a discussion of how to foster a higher degree of transparency. The Conference on the Future of Europe, which is based on inclusiveness, openness and transparency, presents a major opportunity in this regard. We should use the Conference to improve transparency with a view to increasing citizens’ trust and confidence in the EU.”

 

Spinelli group manifesto on the Future of Europe

https://thespinelligroup.eu/wp-content/uploads/2021/07/SPINELLI-MANIFESTO_V_light.pdf

„To end blockades and speed up legislation, we want to introduce deadlines for Council to come to a position and to disclose the position of the different Member States on compromise proposals under discussion at least every few months.“

 

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Januar 2019 zur strategischen Untersuchung OI/2/2017 der Bürgerbeauftragten zur Transparenz der Diskussionen im Rahmen des Rechtsetzungsverfahrens in den vorbereitenden Gremien des Rates der EU

https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-8-2019-0045_DE.html

Das Europäische Parlament, …

  1. schließt sich den Empfehlungen der Europäischen Bürgerbeauftragten an den Rat uneingeschränkt an und fordert den Rat nachdrücklich auf, zumindest sämtliche Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um die Empfehlungen der Bürgerbeauftragten so rasch wie möglich umzusetzen, indem er
  2. a) systematisch festhält, welchen Mitgliedstaaten die Regierungen angehören, wenn sie ihren Standpunkt in den vorbereitenden Gremien des Rates vorbringen;
  3. b) im Einklang mit dem EU-Recht eindeutige und öffentlich einsehbare Kriterien für die Kennzeichnung von Dokumenten mit dem Vermerk „LIMITE“ ausarbeitet;
  4. c) den „LIMITE“-Status von Dokumenten frühzeitig vor dem endgültigen Erlass eines Rechtsakts und sogar vor den informellen Verhandlungen in Trilogen – wenn der Rat einen ersten Standpunkt zu dem Vorschlag eingenommen hat – systematisch überprüft;

 

Die Untersuchung der Bürgerbeauftragten: https://www.ombudsman.europa.eu/de/decision/de/94896

 

Schlüsselsätze aus den EU-Verträgen

Das Europäische Parlament tagt öffentlich; dies gilt auch für den Rat, wenn er über Entwürfe zu Gesetzgebungsakten berät oder abstimmt.” Artikel 15(2) AEUV

Rechtsakte, die gemäß einem Gesetzgebungsverfahren angenommen werden, sind Gesetzgebungsakte.“ Artikel 289(3) AEUV

Der Rat wird gemeinsam mit dem Europäischen Parlament als Gesetzgeber tätig und übt gemeinsam mit ihm die Haushaltsbefugnisse aus.“ Artikel 16(1) EUV

 

Bündnis 90/Die Grünen Wahlprogramm 2021

„Um nachvollziehbar zu machen, wofür die Regierungen der Mitgliedstaaten in Brüssel  eintreten, setzen wir uns für Fristen im Rahmen der Gesetzgebung ein, bis zu denen eine öffentliche Debatte im Rat stattgefunden haben muss. Dabei müssen alle Regierungen ihre aktuelle Position zum Vorschlag der Ratspräsidentschaft vorlegen. In einer deutschen Bundesregierung gehen wir hierbei mit gutem Beispiel voran.“