Daniel Freund

28. Januar 2021 Antikorruption

Studie zu Korruption in EU-Staaten: Kommission muss korrupte Regierungen sanktionieren!

(c) Transparency International

Der Kampf gegen Korruption in der Europäischen Union erzielt keine messbaren Fortschritte. Das ist die Haupterkenntnis des heute erschienenen Korruptionsindex (CPI) von Transparency International. Im globalen Vergleich ist die Europäische Union zwar weiter die Weltregion mit den saubersten politischen Institutionen. In einigen Mitgliedstaaten hat sich die Situation in den vergangenen Jahren aber dramatisch verschlechtert und stagniert jetzt auf niedrigem Niveau. Überzogene Notfallmaßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie haben der Integrität einiger Regierungen zusätzlich geschadet.

Drei Entwicklungen:

  • POLEN gehört zu den größten Absteigern im Korruptionsranking. Im vergangenen Jahr geriet der Rechtsstaat durch eine umstrittene Justizreform zusätzlich unter Druck. Im Zuge der Pandemie wurden hunderte Gesetze geändert, mit dem Ziel den Machterhalt der regierenden PiS-Partei zu sichern. Transparentes Regierungshandeln ist kaum noch gewährleistet. Aufgrund der Aushebelung der unabhängigen Justiz ist eine weitere Verschlechterung zu erwarten.

 

  • UNGARN unter der Regierung von Viktor Orban belegt nunmehr (zusammen mit Bulgarien und Rumänien) den letzten Platz im unions-internen Ranking. Insbesondere EU-Fördergelder werden in Ungarn systematisch missbraucht und landen in den Taschen von Vertrauten und Familienmitgliedern des Premierministers. Ungarn hatte auf die Corona-Pandemie mit überbordenden Notstandsmaßnahmen reagiert, die vor allem die Opposition trafen.

 

  • Auch TSCHECHIEN gehört zu den Absteigern im diesjährigen Korruptionsindex. Noch immer schwelt der Streit zwischen Brüssel und Prag um den ungelösten Interessenkonflikt von Andrej Babis. Der Premierminister ist über ein Firmengeflecht selbst einer der größten Empfänger von EU-Subventionen im Land. Kontroll-Institutionen die Interessenkonflikte bei der EU-Mittelvergabe verhindern könnten, sind in Tschechien de facto nicht vorhanden.

Mahnende Worte haben keinen Effekt

Angesichts der aktuellen Zahlen ist es schockierend, dass die EU-Kommission noch immer nicht entschieden gegen Korruption in den Mitgliedstaaten vorgeht. Nach Jahren der Rückschritte stagniert man nun auf niedrigem Niveau. Dabei werden jährlich Milliarden Steuerzahler-Euros in die Taschen korrupter Politiker und Beamter umgeleitet. Das zerstört Vertrauen in die Union und ist Wasser auf die Mühlen von EU-Skeptikern. Die EU verfügt über die Instrumente, um gegen Korruption vorzugehen: Finanzsanktionen müssen zum Einsatz kommen, wenn EU-Gelder missbraucht werden. Mahnende Worte aus Brüssel zeigen keine Effekte. Mit Corona-Hilfen und Recovery-Fund wird die Union in den kommenden Jahren mehr Geld ausgeben, als je zuvor. Wir müssen sicherstellen, dass dieses Geld auch ankommt und nicht in korrupten Kanälen versickert.

Wie die EU jetzt handeln muss

Die aktuellen Entwicklungen in Polen und Ungarn zeigen mehr als deutlich: Europas Rechtsstaat steckt in einer schweren Krise. Demokratien werden ausgehöhlt und politische Systeme auf die finanziellen Bedürfnisse einer oligarchischen Elite zugeschnitten. Das Beschneiden des Rechtsstaats und grassierende Korruption gehen Hand in Hand. Hier muss die EU-Kommission schnell eingreifen, bevor irreparable Schäden angerichtet sind. Seit dem 1. Januar verfügt man über einen Rechtsstaatsmechanismus. Dieser muss nun endlich zur Anwendung kommen, damit den Regierungen in Warschau und Budapest klar wird: Die EU schaut nicht tatenlos zu, wenn Grundrechte beschnitten und Milliardenbeträge gestohlen werden.