Transparenz-Reform abgeschmettert: Keine Kontrolle bei der Büropauschale
Abgeordnete des Europäischen Parlaments müssen weiterhin keine Rechenschaft darüber ablegen, wofür sie die Bürokostenpauschale von monatlich 4778 Euro ausgeben. Entsprechende Reformforderungen einer Mehrheit der Abgeordneten, wonach ein Großteil der Gelder sachgerecht ausgegeben und abgerechnet hätte werden müssen, wurden gestern im Präsidium des Parlaments nicht beachtet. Stattdessen wurden neue Richtlinien für die Bürokostenpauschale beschlossen, die weniger Transparenz liefern und eine zweckfremde Verwendung der Gelder weiterhin nicht verhindern. Diese Abschwächung der bestehenden Regeln wurde von einer Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Vizepräsident Rainer Wieland (CDU) vorgeschlagen.
Daniel Freund, Berichterstatter für die Haushaltsentlastung des Europäischen Parlaments 2020 (Grüne) kommentiert:
“Die Mehrheit der Abgeordneten hat sich seit langem deutlich mehr Transparenz bei der Bürokostenpauschale gewünscht. Hier werden jedes Jahr rund 40 Millionen Euro ausgegeben, ohne dass das Parlament konkret weiß, wofür. Die Gelder sind für die Ausübung des Mandats bestimmt. Da kann es nicht sein, dass signifikante Beträge ungeklärt ausgegeben oder in die eigene Tasche gesteckt werden. Es ist dreist, dass sich Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments über die Mehrheitsmeinung des Parlaments hinwegsetzen. In der Neufassung der Regeln wird einem Missbrauch der Gelder nicht vorgebeugt – es werden vielmehr weitere Anreize dafür geschaffen, die Gelder zweckzuentfremden. Es sollte die Pflicht für Abgeordnete des Europäischen Parlaments sein, nicht nur verantwortlich mit dem Geld von Steuerzahler*innen umzugehen, sondern auch einen Nachweis dafür zu erbringen, wofür sie ausgegeben wurden. Die Bürokostenpauschale ist für die Arbeit im Parlament bestimmt, nicht für die persönliche Bereicherung!”
HINTERGRUND: Was ist die Bürokostenpauschale und welche Reformvorschläge wurden gemacht?
Für die Verwendung der Bürokostenpauschale durch die Abgeordneten bestehen größtenteils nur unverbindliche Regeln. Die einzige Verpflichtung, die besteht und auch weiterhin bestehen wird, ist, dass die Pauschale auf ein separates, von den Abgeordneten extra dafür angelegtes Konto überwiesen werden muss.
Darüber hinaus lag den Abgeordneten bisher eine 1.5 Seiten lange Liste vor, die beispielhaft erklärte, wofür die Pauschale ausgegeben werden darf und wofür nicht. Diese Liste wird nun durch eine zehn-zeilige Liste ersetzt, die nur noch in vagen Kategorien angibt, wofür die Pauschale verwendet werden darf (z.B. “Miete des örtlichen Büros und damit verbundene Kosten”, “sonstige Verwaltungskosten”). Außerdem enthält die neue Liste keinen Hinweis mehr darauf, dass die Pauschale nur für Kosten verwendet werden sollte, die unmittelbar mit dem Mandat der Abgeordneten zusammenhängen. Ob die Gelder letztendlich wirklich ausschließlich für die aufgelisteten Ausgaben verwendet wurden, wurde nie und wird auch weiterhin von niemandem kontrolliert. Die gestrige Präsidiumsentscheidung betont hier noch einmal, dass dies “in der alleinigen Verantwortung” der Abgeordneten liege.
Die gestrige Entscheidung wurde so vom Präsidium gefällt, obwohl eine Mehrheit der Abgeordneten nunmehr fünf Jahre in Folge die Einführung von fünf konkreten Regeln zur Kontrolle der Pauschale gefordert hatte. Diese Mehrheit forderte, dass Abgeordnete verpflichtet werden, alle Belege aufzuheben, die Ausgaben nach Kategorien aufgeschlüsselt auf der Website des Parlaments zu veröffentlichen, eine jährliche Rechnungsprüfung (durchgeführt von einer/m externen Prüfer*in) zu veröffentlichen, sowie den nicht ausgeschöpften Teil der Pauschale am Ende des Mandats zurückzuzahlen. Außerdem soll die Parlamentsverwaltung jährlich stichprobenartig die Ausgaben von 5% der Abgeordneten prüfen und hierüber einen Bericht veröffentlichen.
Transparenz über meine Ausgaben
Meine Ausgaben aus der Bürokostenpauschale veröffentliche ich regelmäßig auf meiner Website: https://danielfreund.eu/daniel-freund-team/ (“Ausgaben”)
Auf der Website des Parlaments veröffentliche ich außerdem jährlich die Prüfung meiner Ausgaben durch eine externe Dienstleisterin: https://www.europarl.europa.eu/meps/de/106936/DANIEL_FREUND/declarations (“Freiwillige Bestätigung der Verwendung der allgemeinen Kostenvergütung”)
Es sollte die Pflicht für Abgeordnete des Europäischen Parlaments sein, nicht nur verantwortlich mit dem Geld von Steuerzahler*innen umzugehen, sondern auch einen Nachweis dafür zu erbringen, wofür sie ausgegeben wurden.