Arbeitsverbot für Umweltschutz-Organisationen? Die unverschämte Attacke der Konservativen auf die Zivilgesellschaft
Eine Allianz aus Konservativen und Rechtsextremen im Europaparlament will die Rechte von Umweltschutzorganisationen massiv beschneiden. In einer Plenumsaussprache am Mittwoch kam es zu mehreren Verbalattacken gegen zivilgesellschaftliche Organisationen in Brüssel. Die Debatte über die “EU-Finanzierung von NGOs”, die sich für Umwelt- und Naturschutz einsetzen, wurde mit Stimmen der EVP und den drei Rechtsextremen Fraktionen des Parlaments auf die Tagesordnung gesetzt. Hinter diesem jüngsten Schritt steht eine jahrelange Kampagne, koordiniert von insbesondere Unions-Politiker*innen im Europaparlament, die sich gegen Zivilgesellschaft und Bürger*innenbeteiligung auf EU-Ebene richtet.
Erst vor wenigen Wochen konnte die Allianz aus konservativen und rechten Politiker*innen einen Erfolg erzielen. Mehreren Umweltschutzorganisationen wurde von der EU Kommission untersagt, Lobbyarbeit gegenüber den EU Institutionen mit Geldern aus dem EU Fördertopf “LIFE” zu finanzieren. Die Förderung der Zivilgesellschaft aus EU-Mitteln wurde seinerzeit geschaffen, um eine breite und ausgewogene Beteiligung von verschiedensten Akteur*innen – nicht nur der Industrielobby – an öffentlichen Debatten und Entscheidungsprozessen auf europäischer Ebene zu ermöglichen. Laut EU-Vertrag sind die EU Institutionen verpflichtet, einen lebhaften Austausch mit der Zivilgesellschaft zu ermöglichen.
Daniel Freund, Mitglied des Europaparlaments für die Grünen, kommentiert:
“Umweltschutzorganisationen leisten unverzichtbare Arbeit für saubere Flüsse, den Erhalt der Artenvielfalt und den Kampf gegen den Klimawandel – auch gegenüber der EU. Genau deshalb wollen Konservative und Rechtsextreme ihnen nun Steine in den Weg legen und ihre Stimme in Europa massiv schwächen.”
“Wir brauchen eine starke Stimme der Zivilgesellschaft in Brüssel – auch damit der Umweltschutz neben den Lobby-Riesen aus Wirtschaft und Industrie eine Chance hat und mit am Tisch sitzt, wenn Umweltpolitik für ganz Europa gemacht wird. Die aktuellen Vorschläge der Konservativen sind gleichbedeutend mit einem Arbeitsverbot für NGOs. Das ist unverschämt.”
“Es ist unerträglich, dass diese Attacken auf die Zivilgesellschaft unter dem Deckmantel der Lobbytransparenz gefahren werden. Seit mehr als zehn Jahren versuchen Abgeordnete von CDU/CSU, NGOs das Leben schwer zu machen. Würde es ihnen wirklich um Transparenz gehen, dann würden sie diese Forderung ja auch für Unternehmen erheben.”
EU-Förderung für NGOs im Verhältnis zur Industrielobby
Der Anteil der EU-Fördermittel für zivilgesellschaftliche Organisationen ist vergleichsweise gering: So werden jährlich nur 15,6 Millionen Euro aus dem LIFE-Programm für Betriebskostenzuschüsse an Umwelt-NGOs und andere zivilgesellschaftliche Organisationen bereitgestellt. Zum Vergleich: Allein die 50 Unternehmen mit den höchsten Lobbybudgets gaben im Jahr 2024 zusammen fast 200 Millionen Euro für EU-Lobbyarbeit aus – das sind zwei Drittel mehr als noch 2015. Über zwei Drittel der Einträge im EU-Transparenzregister entfallen auf wirtschaftliche Interessen, die damit andere gesellschaftliche Akteure deutlich übertreffen.
Die aktuellen Informationen zu Lobbyausgaben im EU-Transparenzregister sind leider irreführend. Während für nicht profitorientierte Organisationen das gesamte Jahresbudget anzugeben ist, müssen profitorientierte Organisationen nur die konkret für Lobbying anfallenden Kosten melden. Dies bläst die Angaben von NGOs künstlich auf im Vergleich zu begrenzten Kosten von Unternehmen, die nach dem gleichen Standard teils Milliarden angeben müssten. Die Überarbeitung des Lobbyregisters ab später dieses Jahr wollen wir für eine Verbesserung dieses Systems nutzen.