Polen steht vor einer Schicksalswahl. An diesem Sonntag (15.10.) entscheidet sich, ob die Rechtsaußen-Regierung der PiS-Partei weiter an der Macht bleibt. Oder ob ein breites Bündnis pro-europäischer Parteien eine Mehrheit erlangt. Ich habe Polen in dieser Woche besucht und unsere Grüne polnische Schwesterpartei im Wahlkampf unterstützt. Ich habe mich mit Aktivist*innen, Journalist*innen und Diplomat*innen ausgetauscht, um ein besseres Verständnis darüber zu bekommen, wie frei und fair die Wahlen ablaufen. Die politische Lage im Land ist hoch polarisiert. Die regierende PiS-Partei fährt eine gewaltige Hasskampagne auf, die durch von ihr kontrollierte Medien verstärkt wird. Ob sie sich damit in unserem Nachbarland durchsetzen kann, wird sich am Sonntag zeigen. Schon jetzt ist klar, dass diese Wahl Auswirkungen auf ganz Europa haben wird.

Lodz: Straßenwahlkampf gegen rechten Hass

Für das Recht auf körperliche Selbstbestimmung, mehr Geld für Radwege, internationale Zugverbindungen statt Fliegen, Rechtsstaatlichkeit. Das sind die zentralen Forderungen meiner Kollegin Magdalena Galkiewicz, die für die Grünen im polnischen Lodz bei der Parlamentswahl antritt. Ich habe sie am Montag im Straßenwahlkampf unterstützt. Was mich besonders beeindruckt: Auch wenn die regierende PiS-Partei krampfhaft versucht, Migration als Wahlkampfthema zu setzen und Ängste schürt, stellen die Grünen lokale Themen und Grundrechte in den Mittelpunkt ihrer Kampagne. Sie machen einen starken Wahlkampf. Und das obwohl sie landesweit weniger Mitglieder haben als der Grüne Kreisverband Aachen. Am Sonntag sollte es für mindestens vier Abgeordnete im neuen Parlament reichen.

Freie Wahlen, aber nicht ganz fair

Wir haben in Polen (noch) keine ungarischen Verhältnisse. Die Opposition (und damit auch das Parteienbündnis um die Grünen) hat eine reale Chance, diese Wahl gegen die regierende PiS zu gewinnen. Aber es wird wahrscheinlich knapp. PiS stemmt sich gegen die drohende Niederlage – und das nicht immer mit fairen Mitteln. Zeitgleich zur Wahl hat sie ein Referendum gegen “Migration” gestartet – das heißt, dass so auch öffentliche Gelder in den Wahlkampf fließen können. Außerdem wurden die Wahlgesetze so geändert, dass beispielsweise die Stimmen der Auslands-Pol*innen weniger Gewicht haben, oder gar nicht erst gezählt werden. Sollte diese Wahl keine*n klare*n Gewinner*in haben, dann droht dem Land politische Instabilität. Denn sollte es zu Streit kommen, gibt es für die Aufklärung keine unabhängigen Gerichte mehr. Es wird befürchtet, dass die PiS bei einer Niederlage die Wahlergebnisse nicht akzeptieren könnte.

Wohin steuert Polen nach der Wahl?

Die PiS-Regierung hat in den vergangenen Jahren systematisch die unabhängige Justiz und den Rechtsstaat attackiert. Dreistellige Milliardenzahlungen aus Brüssel wurden deswegen auf Eis gelegt. Die Wahl am Sonntag wird auch zeigen, ob PiS für diesen anti-europäischen, anti-rechtsstaatlichen Kurs bestätigt wird und ob die polnischen Wähler*innen bereit sind, dafür den Verlust von Milliarden-Zahlungen in Kauf zu nehmen. Es wäre ein schwerer Schlag für die Europäische Demokratie mit herben finanziellen und wirtschaftlichen Konsequenzen für unsere Europäischen Freund*innen in Polen. Wir werden in Brüssel genau beobachten, in welche Richtung eine neu gewählte polnische Regierung steuert – ob sie auf Konfrontation oder Kooperation mit den europäischen Partner*innen setzt. Ob sie weiter den Rechtsstaat demontiert, oder die Demokratie wieder neu aufleben lässt. Ob sie für Grundrechte und Europäische Werte eintritt, statt sie zu beschneiden.

Der Wahlsonntag in Polen wird zeigen, ob man mit rechtem Hass und antidemokratischem Kurs in Europa wiedergewählt wird. Oder ob pro-demokratische, pro-europäische Parteien triumphieren. Meine Daumen sind fest gedrückt für unsere polnischen Freund*innen von den Grünen. Sie verdienen unsere volle Unterstützung!

Daniel

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P.S.:

TV-Tipp: “Polen an der Grenze” von Grimmepreisträger Marcin Wierzchowski – DER Film zur anstehenden Wahl – ist hier in der Arte-Mediathek verfügbar. Schaut gerne rein. Meine Arbeit wird auch thematisiert.

https://www.arte.tv/de/videos/109845-000-A/polen-an-der-grenze/