Daniel Freund

13. September 2023 Transparenz

Grüner Erfolg! Vermögenserklärungen machen das Europaparlament transparenter

Eine deutliche Mehrheit des Europaparlaments (489 ja, 57 nein, 102 Enthaltungen) hat heute für die Einführung von Vermögenserklärungen gestimmt. Das geht auf eine Grüne Initiative zurück und ist die bislang wirkungsvollste Maßnahme zur Korruptionsbekämpfung, die im Nachgang des Katargate-Korruptionsskandals beschlossen wurde. Abgeordnete müssen demnach zukünftig ihre Vermögenswerte zu Beginn und Ende der Legislatur gegenüber dem Europaparlament erklären. Vermögensgewinne, die durch Korruption erlangt würden, ließen sich damit deutlich schwieriger verstecken oder nutzen. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte außerdem für die Ausweitung der Veröffentlichungspflichten von Lobbytreffen. Vorschriften für ein echtes Verbot von Lobby-Nebenjobs und ein bessere Durchsetzung der Verhaltensregeln für Abgeordnete erhielten aufgrund des massiven Widerstands von Christdemokraten und Rechtsaußen keine Mehrheit.

Daniel Freund, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Anti-Korruption im Europaparlament, kommentiert:

“Das Europaparlament wird durch die Reformen spürbar transparenter. Vermögenserklärungen erschweren Korruption und machen nachvollziehbar, ob Europaabgeordnete unerklärliche Einkommen haben. Geld aus Korruption lässt sich so deutlich schlechter verwenden, Bestechung wird unattraktiver. Vermögenserklärungen sind in vielen EU-Staaten längst Standard, in Deutschland gibt es sie bisher aber nicht. Deutlich mehr Lobbytreffen fallen jetzt unter die Veröffentlichungspflicht. Auch Drittstaaten-Lobbying muss künftig transparent gemacht werden. Diese wichtigen Schritte können durch Katar-Gate verlorenes Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die EU-Institutionen zurückgewinnen.”

“Mehrere wichtige Reformen der Transparenzregeln im Europaparlament wurden aber abgelehnt. Wir werden weiter dafür kämpfen. Am schmerzhaftesten ist weiterhin die komplette Abwesenheit einer unabhängigen Kontrollinstanz von Lobbyregeln.”

WICHTIGSTE ABSTIMMUNGEN

Erfolg: Vermögenserklärungen

Annex I, Artikel 4a (angenommen mit 489 ja, 57 nein, 102 Enthaltungen)

Die Mitglieder geben zu Beginn und am Ende jedes Mandats eine Erklärung über

ihre Vermögenswerte und Verbindlichkeiten ab. Das Präsidium stellt das Verzeichnis der zu erklärenden Kategorien von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten auf und erstellt das Formular für die Erklärung. Diese Erklärungen werden dem Präsidenten vorgelegt und sind unbeschadet des nationalen Rechts nur den zuständigen Behörden zugänglich.

Erfolg: Lobbytransparenz

Annex I, Artikel 5a Veröffentlichung von Treffen – 

“1. Die Mitglieder sollten nur Interessenvertreter treffen, die im Transparenz-Register eingetragen sind.

  1. Die Mitglieder veröffentlichen online alle geplanten Treffen, die sich auf die parlamentarische Arbeit beziehen,

(a) mit Interessenvertretern, die in den Anwendungsbereich der Interinstitutionellen Vereinbarung über ein verbindliches Transparenz-Register fallen, oder

(b) mit Vertretern von Behörden von Drittländern, einschließlich ihrer diplomatischen Vertretungen und Botschaften.

  1. Die in Absatz 2 festgelegte Verpflichtung gilt für Treffen, an denen das Mitglied oder die parlamentarischen Assistenten des Mitglieds in seinem Namen teilnehmen.
  2. Abweichend von Absatz 2 dürfen die Mitglieder ein Treffen nicht veröffentlichen, wenn durch dessen Offenlegung das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die Freiheit einer Person gefährdet würde, bzw. können die Mitglieder beschließen, ein Treffen nicht zu veröffentlichen, wenn sonstige zwingende Gründe für die Wahrung der Vertraulichkeit vorliegen. Solche Treffen sind stattdessen gegenüber dem Präsidenten zu erklären, der diese Erklärung vertraulich behandelt oder eine anonymisierte oder verzögerte Veröffentlichung beschließt. Das Präsidium legt die Bedingungen fest, unter denen der Präsident eine solche Erklärung offenlegen kann. …”

Der Großteil des Artikels wurde beschlossen mit 414 ja, 210 nein, 19 Enthaltungen. Einzeln abgestimmt wurde Absatz 2(a) mit 454 ja, 176 nein, 19 Enthaltungen und Absatz 3 mit 397 ja, 226 nein, 24 Enthaltungen.

Verloren: Verbot von Lobby-Nebenjobs

Änderung in Annex I, Artikel 2 – Absatz 1 – Buchstabe c (abgelehnt trotz 325 ja, 314 nein, 12 Enthaltungen, weil weniger als die nötigen 353 Stimmen)

“c) gehen die Mitglieder keiner bezahlten Lobbytätigkeit nach, einschließlich Beratungsdienstleistungen und anderer Dienstleistungen für Stellen, die in den Anwendungsbereich der Interinstitutionellen Vereinbarung über ein verbindliches Transparenz-Register fallen.”

statt bisher: “c) gehen die Mitglieder keiner bezahlten gewerblichen Lobbytätigkeit nach, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Beschlussfassungsprozess der Union steht.”

Verloren: unabhängige Experten in den Beratenden Ausschuss

Angenommen wurde in Annex I, article 7, Artikel 2 nur:

“2. Der Beratende Ausschuss besteht aus acht Mitgliedern.”

Abgelehnt trotz einfacher Mehrheit 335 ja, 291 nein, 19 Enthaltungen (weil weniger als die nötigen 353 Stimmen):

“Fünf dieser Mitglieder sind derzeitige Mitglieder des Europäischen Parlaments, die vom Präsidenten zu Beginn seiner Amtszeit ernannt werden, wobei der Erfahrung der Mitglieder sowie der politischen und geschlechtsspezifischen Ausgewogenheit gebührend Rechnung getragen wird.”

Abgelehnt trotz einfacher Mehrheit 329 ja, 305 nein, 18 Enthaltungen (weil weniger als 353 Stimmen):

“Die anderen drei Mitglieder sind externe Sachverständige mit persönlicher Integrität und Erfahrung im Bereich der Berufsethik. Sie werden vom Präsidenten zu Beginn seiner Amtszeit ernannt. Bei Abstimmungen sind nur die Mitglieder des Beratenden Ausschusses, die Mitglieder des Europäischen Parlaments sind, stimmberechtigt.”

Das Europaparlament wird durch die Reformen spürbar transparenter.

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Brüssel ist Europas Lobby-Hauptstadt. 35.000 Lobbyisten versuchen EU-Gesetze zu beeinflussen. Doch nicht alle halten sich an die Regeln. Kommissare wechseln in die Wirtschaft. Abgeordnete arbeiten nebenher als Lobbyisten. Wir müssen mehr Transparenz darüber schaffen, wann wer und wo an Europäischen Gesetz schreibt. Und wir müssen sicherstellen, dass die bestehenden Regeln eingehalten werden - mit einem unabhängigen Kontrollgremium.