Verhandlungserfolg im EU-Parlament: Mit diesen Finanzregeln sollen in der EU künftig Korruption und Autokratie bekämpft werden
Die zuständigen Ausschüsse im Europaparlament haben ihre Position zur Überarbeitung der EU-Haushaltsordnung verabschiedet. Hinter dem sperrigen Titel verbirgt sich allerdings deutlich mehr als die Regulierung der EU-Ausgaben. Mit dem aktuellen Gesetzentwurf kann der EU-Haushalt zum zentralen Instrument zur Durchsetzung Europäischer Werte und der Bekämpfung von Autokratie und Korruption in der EU werden.
Im Laufe der Ausschussverhandlungen konnten wir wirkungsvolle Änderungen durchsetzen. Das Wichtigste im Überblick:
- Keine Grundrechte → keine EU Gelder: In Zukunft soll es der Kommission möglich sein, die Zahlungen sämtlicher EU-Gelder auszusetzen, wenn ein Mitgliedstaat sich nicht an die EU-Grundrechtecharta hält. Damit könnten in Zukunft nicht nur Kohäsionsgelder sondern zum Beispiel auch die milliardenschweren Zahlungen von Agrarsubventionen ausgesetzt werden, wenn Mitgliedstaaten die Grundrechte ihrer Bürger*innen nicht ausreichend schützen.
- Ausweitung der EU ‘Blacklist’: Wer mit EU-Geldern betrogen hat, sollte in Zukunft keine mehr bekommen. Klingt selbstverständlich – bisher konnten aber nur die Empfänger*innen von ca. 20% der EU-Gelder auf eine Blacklist gesetzt werden, wenn sie sich der Korruption, des Betrugs, Geldwäsche, Kinderarbeit, der Umgehung von Arbeitnehmer*innen-Rechten oder Ähnlichem schuldig gemacht haben. Kommission und Parlament möchten, dass zukünftig eine Sperrung bei allen Empfänger*innen von EU-Geldern möglich ist. Wir Grüne hatten uns dafür eingesetzt, dass Personen und Firmen für die schwersten Vergehen (Korruption, Kinderarbeit, Finanzierung einer Terrororganisation, etc.) nicht nur 5 Jahre, sondern permanent vom Erhalt von EU Geldern gesperrt werden können. Letztendlich konnten wir diese Forderung nicht durchsetzen, aber immerhin eine Erhöhung der Dauer der Sperrung auf 10 Jahre aushandeln.
- Ausweitung der Definition von Interessenkonflikten: Aktuell sieht die EU-Haushaltsordnung vor, dass nur Mitarbeiter*innen von nationalen und EU-Behörden in einem Interessenkonflikt stehen können und damit die ordnungsgemäße Auszahlung von EU-Geldern nicht mehr gewährleistet werden kann. Auf besonderen Druck von uns Grünen werden nun auch Mandatsträger*innen in die Definition mit aufgenommen. Damit hätte die EU in Zukunft einen stärkeren Hebel, gegen Fälle wie den des ehemaligen tschechischen Premierministers Andrej Babis vorzugehen. Dieser hatte als Eigentümer des Unternehmens Agrofert über Jahre EU Subventionen in dreistelliger Millionenhöhe erhalten, während er als Premierminister den EU-Haushalt mitverhandelte.
- Öffentliche Datenbank über Empfänger*innen von EU Geldern: Aufgrund der chaotischen Datenlage ist es bisher nicht möglich, einen Überblick über die größten Empfänger*innen von EU Geldern zu erhalten. Die EU weiß im Prinzip nicht, wer das Geld bekommt. Mit der Überarbeitung der Haushaltsordnung soll nach dem Willen von Kommission und Parlament nun eine einheitliche Datenbank über die EU-Geld Empfänger*innen geschaffen werden. Teile der Datenbank sollen auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Das Parlament drängt darauf, dass nicht nur die Namen der Firmen, die EU-Gelder erhalten, veröffentlicht werden, sondern auch deren Besitzer*innen. Diese würde es z.B. erleichtern, Interessenkonflikte zu erkennen. Die Namen der Firmenbesitzer*innen werden allerdings erst veröffentlicht wenn sie mehr als eine halbe Millionen Euro an EU-Geldern jährlich erhalten haben. Unsere Forderung, diese sehr hohe Veröffentlichungsschwelle zu halbieren hat leider keine Mehrheit unter den anderen Fraktionen gefunden:
- Verbesserte Datenlage über das Geschlecht von EU-Geld-Empfänger*innen: Bisher sammelt die EU keine Daten über das Geschlecht der Empfänger*innen von EU-Geldern. Nach dem Willen des Parlaments sollen diese Daten zukünftig gesammelt werden, sodass eine faire Verteilung von EU-Geldern auch nach Geschlecht gewährleistet werden kann. Dies ist vor allem der Erfolg meiner Kollegin Alexandra Geese, die die Haushaltsordnung für die Grünen im Haushaltsausschuss verhandelt hat.
Was passiert als nächstes?
Die Parlamentsposition muss zunächst noch im Plenum im Mai bestätigt werden. Sobald die Mitgliedstaaten im Rat ebenfalls ihre Position verabschiedet haben, werden sich Kommission, Parlament und Rat in den sogenannten Trilogverhandlungen auf eine gemeinsame Position einigen müssen. Diese werden voraussichtlich im Herbst starten.
Mit dem aktuellen Gesetzentwurf kann der EU-Haushalt zum zentralen Instrument zur Durchsetzung Europäischer Werte und der Bekämpfung von Autokratie und Korruption in der EU werden.