Daniel Freund

11. Januar 2023 Antikorruption

14 Punkte gegen Korruption: Reformpaket im Europaparlament geht noch nicht weit genug

In Reaktion auf den Korruptionsskandal um die Vize-Präsidentin, Eva Kaili (S&D), wird das Europäische Parlament am Donnerstag (12.01.2023) einen Reformplan zur Korruptionsbekämpfung vorlegen. Enthalten in dem 14 Punkte umfassenden Paket der Parlamentspräsidentin Roberta Metsola (EVP) sind unter anderem:

  • Abkühlzeiten für ehemalige Europaabgeordnete, sodass diese im Anschluss an ihr Mandat unmittelbar keine Lobbytätigkeiten aufnehmen können
  • ein Verbot sogenannter “Freundschaftsgruppen”, also von Zusammenschlüssen von EU-Abgeordneten, die im Interesse von Drittstaaten sind
  • eine Verschärfung der Richtlinien für die Veröffentlichung von Lobbytreffen. Künftig sollen hierzu nicht nur Berichterstatter, Schattenberichterstatter und Ausschussvorsitzende, sondern alle Abgeordneten verpflichtet sein, wenn es um EP-Entscheidungen geht. Dies soll auch für Assistenten von EU-Abgeordneten und Fraktionsmitarbeiter*innen gelten.
  • Mehr Transparenz bei Nebenbeschäftigungen und finanziellen Interessen von Abgeordneten.

Nicht enthalten in dem Reformpaket sind bislang die Aufnahme von Drittstaaten in das Lobbyregister, die Einsetzung eines Sonderausschusses zur Aufarbeitung des “Katar-Gate” Skandals oder detaillierte Vermögenserklärungen von Europaabgeordneten. Diese Forderungen werden unter anderem von der Grünen-Fraktion seit langem erhoben und wurden heute nochmals bekräftigt.

Daniel Freund (Grüne) Verhandler des Europaparlaments für ein unabhängiges EU-Ethik-Gremium, kommentiert:

“Das Europäische Parlament muss auf den Korruptionsfall umfassend reagieren. Alle Schwachstellen, die das Parlament anfällig für illegitime Einflussnahme machen, müssen beseitigt werden. Reformkosmetik würde das Vertrauen in das Europaparlament nicht stärken. Es darf im Europäischen Parlament keine Straffreiheit mehr geben. Wenn Abgeordnete gegen die Regeln verstoßen, muss das Sanktionen nach sich ziehen.”

“Diese ersten schnellen Schritte für mehr Transparenz als Schutz gegen Korruption sind richtig. Abkühlzeiten auch für Europaabgeordnete, die Ausweitung der Veröffentlichungspflicht für Lobbytreffen auf alle Abgeordneten und ein Ende von Freundschaftsgruppen sind starke Reformen die wir Grüne seit Jahren fordern. Wenn diese Regeln jetzt schnell eingeführt und umgesetzt werden, wäre das ein großer Schritt.”

“Das Reformpaket greift aber noch zu kurz. Eine Offenlegung des Vermögens von Abgeordneten zu Beginn und Ende der Legislatur ist der vielleicht stärkste Anreiz gegen die Annahme von Schmiergeld. Drittstaatenlobbying gehört ins Lobbyregister. Eine Reform der Ethikregeln muss umfassend und öffentlich erfolgen, dafür braucht es einen Sonderausschuss, nicht nur die angekündigten internen Konsultationen von Präsidentin Metsola mit einzelnen Abgeordneten und Mitarbeitern. Mitarbeiter*innen von Abgeordneten und Parlamentsverwaltung müssen als Whistleblower besser geschützt, nicht nur über bisherige schwache Regeln informiert werden, denn Whistleblower haben sich als bester Alarm bei Regelverletzungen erwiesen.”

Forderung der Grünen/EFA für u.a. Abkühlzeiten für Abgeordnete, Veröffentlichungspflicht aller Treffen von Abgeordneten mit Lobbyisten und strengeren Regeln gegen den Missbrauch von Freundschaftsgruppen von 2016: https://sven-giegold.de/gruener-plan-fuer-transparenz-und-integritaet-im-europaparlament/

Alle Schwachstellen, die das Parlament anfällig für illegitime Einflussnahme machen, müssen beseitigt werden.

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Brüssel ist Europas Lobby-Hauptstadt. 35.000 Lobbyisten versuchen EU-Gesetze zu beeinflussen. Doch nicht alle halten sich an die Regeln. Kommissare wechseln in die Wirtschaft. Abgeordnete arbeiten nebenher als Lobbyisten. Wir müssen mehr Transparenz darüber schaffen, wann wer und wo an Europäischen Gesetz schreibt. Und wir müssen sicherstellen, dass die bestehenden Regeln eingehalten werden - mit einem unabhängigen Kontrollgremium.