Ethik-Kontrolle der EU-Kommission versagte bei der NGO, die EP-Vize Eva Kaili bestochen haben soll
Die Nichtregierungsorganisation (NGO) “Fight Impunity” über welche die ex-Europaparlaments-Vizepräsidentin Eva Kaili von Katar 600.000 Euro Bestechungsgeld erhalten haben soll, wurde schon 2020 durch das Ethik-Gremium der EU-Kommission geprüft. Damals wollte ex-EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos (griechischer Christ-Demokrat) in seiner Abkühlzeit für diese NGO lobbyieren. Dem Ethik-Gremium fiel dabei zwar auf, dass die NGO nicht im EU-Lobbyregister war, also nicht offenlegte woher sie ihr Geld hatte. Aber man verließ sich auf das Wort des ex-Kommissars und NGO-Chef Panzeri als ex-MEP, dass sich die NGO ja bald registrieren wolle. Auch verließ man sich auf das Versprechen, der ex-Kommissar werde seine Kontakte in die Kommission und sein internes Wissen aus der Kommission nicht missbrauchen. Auf dieser Grundlage machte die EU-Kommission keinen Gebrauch von der Möglichkeit, ihm die Anschlussbeschäftigung zu verbieten. Scheinbar fiel es in der Kommission auch nicht auf, dass sich die NGO bis heute nie registriert hatte, also die Zusage nicht einhielt. Politico berichtet heute, dass Dimitris Avramopoulos 60.000 Euro für seine Arbeit für “Fight Impunity” erhielt. Weder die fehlende Registrierung noch der Bruch der Zusage, das nachzuholen stoppte zahlreiche ehemalige und aktuelle EU-Politiker davon, führende Positionen der NGO einzunehmen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte für eine bessere Ethik-Kontrolle ein unabhängiges Ethik-Gremium versprochen. Seit das Europaparlament im September 2021 meinen Vorschlag dafür beschlossen hat, warten wir auf den angekündigten Vorschlag der Kommission.
Daniel Freund, Berichterstatter des Europäischen Parlaments für die “Verbesserung von Transparenz und Integrität in den Organen der EU durch die Einsetzung eines unabhängigen Ethikgremiums”, kommentiert:
“Das Ethik-Gremium der EU-Kommission hatte die Chance, das vermutete Korruptionsnetzwerk um Panzeri und Kaili frühzeitig aufzudecken, und ließ sie fahrlässig verstreichen. Der Fall muss Kommissionspräsidentin von der Leyen aufwecken. Von der Leyen muss so schnell wie möglich einen Entwurf für ein EU-Ethik-Gremium vorlegen, das die Schwächen des bisherigen Systems repariert.
Die Ethik-Kontrolle der EU-Kommission versagte dreifach: Statt Finanzen der Organisation anhand einer Registrierung und offizieller Unterlagen zu kontrollieren, verließ sich die Kommission auf Aussagen und Versprechen des ex-Kommissars. Statt das Versprechen der Registrierung zu kontrollieren, vertraute man blind. Und die Kommission verließ sich auf das Versprechen, dass 60.000 Euro für “Networking” nicht für das Netzwerk des ex-Kommissars in der Kommission gezahlt wurden.
Der Fall zeigt deutlich, es braucht ein EU-Ethik-Gremium mit der nötigen Unabhängigkeit und dem Recht, eigene Untersuchungen durchzuführen.”
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Analyse und Empfehlung des Ethik-Gremiums der EU-Kommission zur Anfrage von ex-Kommissar Dimitris Avramopoulos bei der NGO “Fight Impunity” bezahltes Vorstandsmitglied zu sein, von 10 Dezember 2020: https://commission.europa.eu/system/files/2021-01/avis_cei_texte_10122020_en.pdf
Liste der Vorstandsmitglieder von “Fight Impunity” auf deren Homepage: https://www.fightimpunity.com/who-we-are
Mein Bericht für ein unabhängiges EU-Ethik-Gremium mit Untersuchungsrecht, vom EP am 16 September 2021 beschlossen: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2021-0396_DE.html
Unsere Kommentierung zum EP-Beschluss für das Ethik-Gremium: https://danielfreund.eu/europaparlament-fuer-eu-ethik-gremium/
Unsere Kommentierung zu den ersten Konsequenzen des EP aus dem Korruptionsskandal um Eva Kaili: https://danielfreund.eu/qatargate-ep-entschliessung/
Politico berichtet über den Fall: https://www.politico.eu/article/greece-ex-eu-commissioner-migration-dimitris-avramopoulos-ngo-graft-scandal-paid-euros-60000-last-year/
DIE WICHTIGSTEN ABSÄTZE aus der Analyse und Empfehlung des Ethik-Gremiums der EU-Kommission zur Anfrage von ex-Kommissar Dimitris Avramopoulos bei der NGO “Fight Impunity” bezahltes Vorstandsmitglied zu sein, von 10 Dezember 2020
- According to former Commissioner Avramopoulos, the sources of funding of the association are mostly donations. As of today, the most important donor is the Sekunjalo Development Foundation.
- The Association Against Impunity and for Transitional Justice is not registered in the Joint Transparency Register of the European Parliament and the Commission. However, Mr Avramopoulos provided additional information to the Commission and declared that AITJ plans to register ‘as soon as they will resume working and having physical presence in Brussels post Covid-19’.
- The Committee has taken note of Mr Avramopoulos general assurance that he was aware of his obligations under the treaties and the Code of Conduct and would respect them at all times in this position as set out above.
- With regard to the envisaged post-mandate activity, the Committee does not see any legal or other impediments to accepting the functions as long as former Commissioner Avramopoulos respects the obligations set out in the Treaties and the Code of Conduct.
- The Committee highlights in this regard in particular Article 11(4) of the Code of Conduct, i.e. the obligation not to lobby Members or staff of the Commission on behalf of AITJ on matters for which he was responsible within his portfolio for a period of two years after ceasing to hold office. This includes lobbying in view of obtaining funds from EU programmes falling within his previous portfolio responsibilities. However, the prohibition to lobby (i.e. the promotion of certain interests with the objective to influence the formulation of implementation of policy or legislation, or the decision-making process of the Commission directly or indirectly) does not affect a possible participation in public events or general exchanges of, and on, publicly available information with Members of the Commission or Commission staff.
Das Ethik-Gremium der EU-Kommission hatte die Chance, das vermutete Korruptionsnetzwerk um Panzeri und Kaili frühzeitig aufzudecken, und ließ sie fahrlässig verstreichen. Der Fall muss Kommissionspräsidentin von der Leyen aufwecken. Von der Leyen muss so schnell wie möglich einen Entwurf für ein EU-Ethik-Gremium vorlegen, das die Schwächen des bisherigen Systems repariert.
