Daniel Freund

24. März 2022 Antikorruption

Zwischenbericht der OSZE-Wahlbeobachter in Ungarn: Hinweise auf Manipulationen verdichten sich

Unabhängige Wahlbeobachter*innen der OSZE haben am Montag (21. März 2022) einen Zwischenbericht zu den Wahlen in Ungarn am 3. April 2022 vorgelegt. Sie weisen darauf hin, dass die Empfehlungen vorheriger Missionen (2014 und 2018) nicht umgesetzt wurden und das es Hinweise auf eine mögliche Manipulation der Wahlen zugunsten der amtierenden Fidesz-Regierung gibt. Konkret benennen sie:

  • Wahlrecht nicht ordnungsgemäß verabschiedet
  • Staatskasse und Wahlkampfbudget nicht strikt getrennt
  • Überproportionale Besetzung der Wahlverwaltung mit Beauftragten der Regierungspartei
  • Taktisches Ummelden in umkämpfte Wahlkreise
  • Ungleiche Verteilung der Wahlplakatflächen zugunsten der Regierungspartei
  • Systembedingte, einseitige Medienberichterstattung zugunsten der Regierung

Die OSZE-Mission wurde umgehend nach der Veröffentlichung von ungarischer Regierungsseite attackiert. Auf der Webseite des Regierungssprechers wurde ein Beitrag veröffentlicht, der der unabhängigen OSZE-Mission vorwirft “politisch motiviert” zu sein und enge Verbindungen zu den “Strukturen von George Soros” zu haben.

Daniel Freund, Verhandler der Grünen für den Rechtsstaatsmechanismus im Haushaltskontrollausschuss, kommentiert:

“Die Hinweise verdichten sich, dass der Ausgang der Wahlen in Ungarn zugunsten der Orban-Regierung manipuliert wird. Sollten sich diese Anzeichen im Abschlussbericht der Wahlbeobachter-Mission erhärten, dann sind diese Wahlen nicht nach europäischen Standards abgelaufen. Es wäre für die Europäische Demokratie ein ungeheuerlicher Vorgang. Die Attacken auf die unabhängige Wahlbeobachtermission von Seiten der Orban-Regierung sind unerträglich und müssen unmittelbar eingestellt werden. Wahlbeobachter müssen in einem Mitgliedsland der Europäischen Union frei und unabhängig agieren können und dürfen für ihre Arbeit nicht von Regierungsseite diffamiert werden.”

Die wichtigsten Erkenntnisse des Zwischenberichts auf Englisch:

  • Electoral legal framework adopted without genuine consultations: The government adopted the most recent substantive amendments to the electoral legal framework in 2020 during a state of emergency, without public consultation. In a previous joint opinion, the Venice Commission, an advisory body of the Council of Europe and ODIHR, had identified the amendment imposing further restrictions on the candidatures for the national constituency as particularly concerning because “the main effect of this reform would be to favour the incumbents”.
  • No separation between government administration and party campaigning: Most previous ODIHR recommendations remain largely unaddressed. In particular, ODIHR had recommended separating government administration and party campaigning, including by adopting legislation that would define and explicitly prohibit the abuse of administrative resources in a campaign. The election observers now expressed concerns that this lack of regulation facilitates the government’s considerable spending on the referendum campaign.
  • Dominance of ruling majority appointees in election administration: ODIHR reports that opposition parties raised concerns over the dominance of the ruling majority appointees in the election administration, especially at the higher levels.
  • Risk of tactical migration of voters: Some OSCE election observers raised concerns about tactical migration of voters to closely contested constituencies closer to election day. This risk stems from a government revision of registration rules for permanent residence in November 2021, which eases the registration of fictitious addresses.
  • Disparity in allocation of billboard space: Opposition parties have expressed concerns to the election observers about a significant disparity in the allocation of billboard space for campaign posters. Many of the current campaign billboards are from third-party entities and are against the opposition coalition.
  • Systemic political bias in media in favour of government: Hungarian media operate within a restrictive media legal framework, with increased concentration of media ownership, and a distortion of the advertisement market which is dominated by government commercials. The election observers raised concerns about what they view as a systemic political bias and a virtual absence of opposition politicians in the programmes of the public broadcaster.”

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Korruption ist eine der größten Bedrohungen für unsere Demokratie. Autokratische Regierungen missbrauchen EU-Milliarden, um ihre Macht zu festigen, freie Medien aufzukaufen oder schlicht, um sich selbst zu bereichern. Die EU-Kommission verkennt die Gefahr und agiert fahrlässig. Ich setze mich entschieden dafür ein, dass Autokraten in Europa die EU-Gelder gestrichen und unsere Werte verteidigt werden.