Geplantes belgisches Endlager: Vorgehen ist undemokratisch, Stimmen aller Betroffenen in den Grenzregionen müssen gehört werden
Die für Atommüll zuständige Behörde NERAS plant Anhörungen für ein Atommüll-Endlager in Belgien. Bereits im April, auf dem Höhepunkt der Corona Krise, hat eine öffentliche Anhörung für ein Endlager nuklearer Abfälle begonnen. Die Öffentlichkeit wird seit dem 15. April bis zum 13. Juni 2020 zu den Umweltauswirkungen der Endlagerung der am stärksten radioaktiven Abfälle angehört. Zeitgleich sind die Einschränkungen durch Corona in Belgien nach wie vor hoch, sodass es sehr vielen Personen nicht möglich ist, sich an dieser Konsultation zu beteiligen. Der vom Abgeordneten der belgischen Grünen Samuel Congolati gestellte Antrag, wegen der Corona Krise die Zeit der Konsultation wenigstens um 30 Tage zu verlängern, wurde abgelehnt.
Daniel Freund, Grüner Europaabgeordneter aus Aachen, kommentiert:
“In der aktuellen Krisensituation und angesichts der Ausgangsbeschränkungen in Belgien eine Entscheidung von solch immenser Tragweiter durchzudrücken, ist schlicht undemokratisch. Die Menschen müssen sich beteiligen können, schließlich geht es um ihre Sicherheit und Entscheidungen mit Auswirkungen für mehrere tausend Jahre. Das aktuelle Vorgehen der belgischen Behörden weist starke Parallelen zum Umgang mit den Schrottreaktoren in Tihange und Doel auf. Auch dort gibt es keinerlei Beteiligung der Nachbarländer oder des Europäischen Parlaments. In einem vereinten Europa kann und darf eine solch Entscheidung, die Auswirkungen auch auf die Nachbarländer hat nicht ohne deren Beteiligung ablaufen.
“Ich fordere von der belgischen Regierung eine sofortige Umkehr in ihrer Beteiligungspolitik und erwarte die Konsultation einer breiten europäischen Öffentlichkeit in den grenznahen Regionen in Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg. Es kann nicht sein, dass wir in der Region Aachen ein Atommüllendlager vor die Nase gesetzt bekommen und nicht einmal dazu angehört werden – so funktioniert Europa nicht!”
Oliver Krischer, Bundestagsabgeordneter der Grünen aus Düren und stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion, kommentiert:
“Belgien startet im Windschatten von Corona ein Suchverfahren für hochradioaktiven Atommüll. Ich fordere eine Intervention von deutscher Seite. Die Landesregierung NRW und die Bundesregierung müssen sich bei der belgischen Regierung für einen Stopp dieses Vorgehens einsetzten. So etwas muss in normalen Zeiten und mit ordentlicher Öffentlichkeitsbeteiligung laufen.”
"Es kann nicht sein, dass wir in der Region Aachen ein Atommüllendlager vor die Nase gesetzt bekommen und nicht einmal dazu angehört werden – so funktioniert Europa nicht!”
Der aktuelle Schritt kommt recht überraschend, da bislang davon ausgegangen wurde, dass der belgische Atommüll bei Bure/Lothringen in Frankreich eingelagert werden soll. Von den sieben zu prüfenden Standorten liegen zwei in unmittelbarer Nähe zur deutsch-belgischen Grenze, teilweise keine 30 Kilometer von Aachen entfernt unter dem Hohen Venn. Über solche Vorhaben müssen nach Aarhus- und ESPOO-Abkommen auch die Nachbarländer informiert werden. Hinweise auf eine grenzüberschreitende Beteiligungen oder die ESPOO-Konvention finden sich in den von NERAS veröffentlichten Unterlagen nicht. Auch die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden wurden nicht informiert. Auf der Internetseite des Bundesumweltministerium sind erst seit dem 12.05. 2020 Informationen zum geplanten belgischen Endlager zu finden.