Merkel knickt bei Haushalts-Gipfel vor Orban ein: EU-Geld fließt ohne Korruptions-Kontrolle und Sanktionen
Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben sich auf historische Corona-Hilfen und einen Haushalt für die kommenden sieben Jahre geeinigt. Geplante Sanktionen für EU-Staaten, in denen Grundrechte und Rechtsstaat verletzt werden, sind aber zur Unkenntlichkeit verwässert.
Dabei hatten das Europäische Parlament und die Kommission einen guten Vorschlag auf den Tisch gelegt, um die Auszahlung von EU-Milliarden zu stoppen, wenn beispielsweise in Polen oder Ungarn eine unabhängige Justiz abgebaut oder die Pressefreiheit massiv eingeschränkt wird.
Auf Konfrontationskurs mit dem Europaparlament
Der Kompromiss der Staats- und Regierungschefs steht damit im direkten Gegensatz zur Position des Europäischen Parlaments. Es ist nun mehr als ungewiss, ob das Parlament diesem Deal zustimmen wird. Der Gipfelkompromiss zu EU-Haushalt und Wiederaufbaufonds ist eine Kriegserklärung der Staats- und Regierungschefs an den Europäischen Rechtsstaat. Damit gehen sie auf Konfrontationskurs mit dem Europäischen Parlament und machen eine schnelle Einigung unwahrscheinlich. Das Signal an alle, die Universitäten aus dem Land werfen, Journalisten drangsalieren, unabhängige Richter angreifen und sich selbst die Taschen voll machen ist klar: Wir kritisieren Euch in unseren Sonntagsreden, aber Konsequenzen braucht ihr keine fürchten.
Angela Merkel wirft Europäische Werte vor den Bus
Die Geschwindigkeit, mit der die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel Europäische Werte nun vor den Bus wirft, ist atemberaubend. Vor neun Tagen erklärte sie Grundrechte zur obersten Priorität der deutschen Ratspräsidentschaft. Nun erteilt sie Viktor Orban einen Freifahrtschein. Ganz Europa kann nun beobachten, dass Prinzipientreue für die deutsche Kanzlerin ein Fremdwort ist.
Bei Fidesz in Ungarn knallen heute die Sektkorken. Milliarden-Überweisungen aus Brüssel können jetzt weiter dafür eingesetzt werden, die Opposition zu unterdrücken und die letzten freien Medien im Land aufzukaufen. Nebenbei landen weitere Milliarden der Europäischen Steuerzahler in den Taschen von Orbans Clan. Es ist ein schwarzer Tag für Europäische Werte.
Schnelle Auszahlung von Corona-Hilfen unnötig in Frage gestellt
Das Parlament hätte gerne schnell die dringend benötigten Hilfen für die Länder, die am härtesten von COVID-19 und dem Wirtschaftseinbruch betroffen sind, auf den Weg gebracht. Aber ohne irgendeine Kontrolle bei Rechtsstaat und Korruption kommen viele Gelder gar nicht bei den Bedürftigen an. Der Deal ist damit weniger Corona-Rettungsschirm und mehr Förderprogramm für Korruption und Demokratieabbau.
22. The Union's financial interests shall be protected in accordance with the general principles embedded in the Union Treaties, in particular the values of Article 2 TEU.
The European Council underlines the importance of the protection of the Union's financial interests. The European Council underlines the importance of the respect of the rule of law.
23. Based on this background, a regime of conditionality to protect the budget and Next Generation EU will be introduced. In this context, the Commission will propose measures in case of breaches for adoption by the Council by qualified majority.
The European Council will revert rapidly to the matter.
24. The Commission is invited to present further measures to protect the EU budget and Next Generation EU against fraud and irregularities. This will include measures to ensure the collection and comparability of information on the final beneficiaries of EU funding for the purposes of control and audit to be included in the relevant basic acts. Combatting fraud requires a strong involvement of the European Court of Auditors, OLAF, Eurojust, Europol and, where relevant, EPPO, as well as of the Member States' competent authorities.
Die Kommission hatte für den Fall von Attacken einer Regierung auf den Rechtsstaat, von der Kommission vorgeschlagene Sanktionen gelten, sofern keine umgekehrte qualifizierte Mehrheit dagegen im Rat der Mitgliedstaaten oder im Europaparlament zu Stande kommt. Ratspräsident Charles Michel hatte in seinem Verhandlungsvorschlag (Negobox) stattdessen vorgeschlagen, dass von der Kommission vorgelegte Sanktionen erst gelten, wenn unter den Mitgliedstaaten eine qualifizierte Mehrheit dafür zustande kommt. Beim Stabilitätspakt für den Euro wurde inzwischen eine umgekehrte qualifizierte Mehrheit eingeführt, weil die vorherige normale qualifizierte Mehrheit auch bei offensichtlichen Regelverletzungen nie zu Stande gekommen war.