“Orbán ist ein Autokrat in Europa. Und er genießt den Schutz der CDU.” - Mein Kommentar zum CDU-Parteitag in der WELT
Die CDU wählt morgen einen neuen Parteichef. Europa wird den Parteitag der Union genau verfolgen. Denn an einer Entscheidung des neuen CDU-Vorsitzes hängt auch die Zukunft der Demokratie und des Rechtsstaats in der Europäischen Union: Sollen die Demokratiefeinde um Viktor Orban weiter in der Parteienfamilie der EVP verbleiben oder rausgeschmissen werden?
Innenpolitisch scheint die Sache für die Merkel-Partei – zumindest öffentlich – klar: Die CDU kooperiert nicht mit Rechtspopulisten. Die CDU paktiert nicht mit Demokratiefeinden und den Gegnern einer freiheitlichen Gesellschaft.
Orban zementiert seine autokratische Herrschaft
Auch wenn die Abgrenzung in Deutschland zu Rechtspopulisten und Demokratiefeinden halbwegs funktioniert: Der Kompass, mit dem die CDU innenpolitisch versucht, durch die Gewässer der Mitte zu navigieren, scheint in Europa hart nach rechts auszuschlagen. In Budapest zementiert der selbst ernannte „illiberale Demokrat“ Viktor Orbán seine autokratische Herrschaft. Universitäten werden des Landes verwiesen, Journalisten mundtot gemacht, Aktivisten drangsaliert, Geflüchtete stigmatisiert. Zuletzt blockierte Viktor Orbán über Wochen den EU-Haushalt und die Corona-Hilfen, weil er sich gegen eine Verknüpfung von EU-Geld mit der Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien stemmte.
Viktor Orban ist ein Autokrat in Europa. Und er genießt den Schutz der CDU. Seine Fidesz-Partei sitzt noch immer in der Fraktionsgemeinschaft der Europäischen Volkspartei (EVP) – neben den Europaabgeordneten der CDU und CSU. Fidesz-Abgeordnete verhandeln noch immer Gesetze im Namen der Europäischen Christdemokraten, während ihr Parteichef die Europäische Union in eine Reihe mit dem Sowjet-Regime stellt und andere Parteigrößen antisemitische Propaganda-Phrasen dreschen. Es sind Zustände, die sich kaum ertragen lassen.
Wen sollen die Delegierten wählen, um Orban rauszuwerfen?
So sehen es auch 14 EVP-Mitgliedsparteien, die Fidesz aus der Parteienfamilie ausschließen wollen. Wer fehlt? Die CDU. Als Viktor Orban mit seinem Veto gegen den EU-Haushalt im Dezember ganz Europa in Geiselhaft nahm, blickte Brüssel hoffnungsvoll nach Berlin. Ein Machtwort der Kanzlerin oder der scheidenden Parteichefin? Fehlanzeige.
Dass Viktor Orban als Mitglied der EVP weiter schalten und walten kann, verdankt er der schützenden Hand aus dem Konrad-Adenauer-Haus. Doch kann er sich auch auf das Wohlwollen des neuen Parteichefs verlassen? Ob Fidesz aus der konservativen Parteienfamilie fliegt, werde eine der ersten Entscheidungen der künftigen CDU-Spitze sein, sagte EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) am Montag.
Doch wen sollen die 1001 CDU-Delegierten auf dem Parteitag wählen, wenn Sie wollen, dass der Demokratiefeind Orban aus den eigenen Reihen verschwindet? Schweigen bei Norbert Röttgen. Keine Positionierung von Armin Laschet. Auch Friedrich Merz lässt eine klare Linie vermissen. Mal deutet er einen Ausschluss von Fidesz an, nur um wenig später dem vorsichtigen Wunsch Ausdruck zu verleihen, “dass Fidesz bei der EVP bleibt.”
Klare Kante nach rechts – in Deutschland und in Europa
Europa wird den Parteitag der Union genau verfolgen. Denn an der Entscheidung des neuen CDU-Vorsitzes in der Orban-Frage hängt auch die Zukunft der Demokratie und des Rechtsstaats in der Europäischen Union. Viktor Orban hat nicht nur in Ungarn enormen Schaden angerichtet. Sein System findet Nachahmer in anderen Ländern. Die CDU wird sich entscheiden müssen: Wer es ernst meint mit der Abgrenzung nach Rechtsaußen, der hält nicht nur Abstand zur AfD. Wer sich glaubhaft für Demokratie in Europa einsetzen will, der wirft auch die Fidesz aus der EVP.