Trump Chaos: Was Europa jetzt tun muss
Im Zeitraffer zerlegen Donald Trump und seine Schergen gerade die internationale Ordnung. Fast täglich hagelt es neue Dekrete und Strafzölle aus dem Weißen Haus. Ohne die Beteiligung der Ukraine werden Verhandlungen über ihr Schicksal mit Russland geführt. Der Fortbestand der US-Truppenpräsenz in Europa scheint ungewiss – und in all diesen Fragen wird die Europäische Union als transatlantischer Partner an den Rand gedrängt.
Bereits vor einigen Wochen hat Außenministerin Annalena Baerbock deutlich gemacht, dass die Antwort auf Donald Trumps ‘America First!’ – ein entschiedenes ‘Europe United!’ sein muss. Am Dienstag bekräftigte Mario Draghi, der frühere Chef der Europäischen Zentralbank: “Es wird immer klarer, dass wir angesichts der Herausforderungen, mehr und mehr wie ein Staat agieren müssen.” Robert Habeck kritisiert, dass der Europäische Rat wie die Kurfürsten im Mittelalter nur Kleinstaateninteressen vertreten. Die Europäische Union muss zur Europäischen Republik werden. Und das schnell. Die Debatte um eine Reform der EU-Verträge hat jetzt eine ganz neue Dringlichkeit bekommen.
Damit Europa handlungsfähig wird, müsste jetzt folgendes passieren:
- Eine effiziente und schlagkräftige Verteidigungsunion schaffen – Abschreckung wiederherstellen
Mit dem potenziellen Wegfall amerikanischer Sicherheitsgarantien brauchen wir jetzt schnell eine Bündelung der militärischen Kapazitäten in Europa. Den Status Quo verteidigungspolitischer Kleinstaaterei müssen wir schnell überwinden. 27-fache Parallelstrukturen und mehr als 170 Waffensysteme (in den USA sind es 30) sind ineffizient. Das können wir uns nicht leisten. Die EU-Verträge sehen eine Zuständigkeit der EU in Verteidigungsfragen bisher nicht vor. Das müssen wir schnell ändern. Es muss sichergestellt werden, dass die Abschreckung gegenüber Aggressoren europäisch organisiert wird. Europa muss in Sicherheitsfragen handlungsfähig werden.
- Eine Koalition der Mutigen geht voran – auch ohne Bremser wie Orban
Jegliche Reformversuche der vergangenen 20 Jahre scheiterten bislang am mangelnden Konsens unter den Mitgliedsstaaten oder Veto-Drohungen aus Ungarn. Erst gestern hat Viktor Orban wieder sein Veto gegen Russland-Sanktionen angekündigt. Das darf uns nicht mehr stoppen. Der Weg zur Verteidigungsunion in Europa muss offen sein für nicht-EU-Mitglieder. Und er darf nicht versperrt werden durch Vetos von EU-Mitgliedern. Was wir jetzt brauchen ist eine Koalition der Mutigen, keine EU des kleinsten gemeinsamen Nenners. Für ein handlungsfähiges Europa braucht es einen mutigen Reform-Fahrplan, der nicht an nationalen Befindlichkeiten einzelner scheitert. Schengen und Euro-Einführung haben gezeigt, dass es manchmal zwei Geschwindigkeiten braucht, um Europa weiterzuentwickeln.
- Verteidigungsunion und EU-Reform demokratisch absichern: EU-Konvent muss noch vor dem Sommer kommen
Wir können uns keine langen Debatten zum pro und kontra von Vertragsreformen mehr leisten. Die Debatten wurden geführt (auch auf der Zukunftskonferenz) und kamen jedes Mal zu einem klaren Ergebnis: Will Europa handlungsfähig werden, braucht es einen EU-Konvent. Denn nur hier können die nötigen institutionellen Reformen für Europa demokratisch eingebracht und durchgesetzt werden. Vertreter*innen von Parlamenten, Kommission und Mitgliedsstaaten sollen konsensfähige Vertragsreformen erarbeiten, die die EU handlungsfähiger, demokratischer und resilienter machen. Es muss sichergestellt sein, dass Europa in der Welt von Trump, Putin und Xi mit einer Stimme spricht. Dass wir uns nicht durch Vetos blockieren lassen. Ein Zusammenwachsen Europas in diesen Zeiten schaffen wir nur durch eine Stärkung der Demokratie.
Der Weg zur Verteidigungsunion in Europa muss offen sein für nicht-EU-Mitglieder. Und er darf nicht versperrt werden durch Vetos von EU-Mitgliedern.