Orban blockiert die Ukraine-Hilfen: Wie es im Rechtsstaats-Streit weitergeht
Die ungarische Regierung hat heute im Rat der Wirtschafts- und Finanzminister ihr Veto gegen die EU-Hilfen an die Ukraine eingelegt. Das Veto steht offensichtlich in Zusammenhang mit dem drohenden Einfrieren von ungarischen EU-Geldern. Die Blockade der Ukraine-Hilfen soll offenbar verhindern, dass es im Rat eine qualifizierte Mehrheit für den Kommissionsvorschlag im Rahmen des Rechtsstaatsmechanismus gibt.
Daniel Freund, Verhandler für die Grünen für den Rechtsstaatsmechanismus im Haushaltskontrollausschuss des Europaparlaments, kommentiert:
“Viktor Orban missbraucht das Veto, wie keiner vor ihm. Es geht ihm nur darum, die eigene Korruption zu erhalten. Selbst Gelder für ukrainische Krankenhäuser nimmt er dafür in Geiselhaft. Er eskaliert die Situation komplett. Die EU wird Wege finden, die Ukraine auch ohne Ungarn zu unterstützen. Aber das bedeutet: Mehr Zeit, mehr Aufwand, mehr Kosten. Viktor Orban hätte Putin heute kein schöneres Geschenk machen können.”
Wie es jetzt beim Rechtsstaatsmechanismus weitergeht
Mit dem Veto gegen die Ukraine-Hilfen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der aktuelle Streit als Gesamtpaket aus Rechtsstaatsmechanismus, Wiederaufbaufonds und dem ungarischen Doppel-Veto gegen Ukraine-Hilfen und die globale Mindeststeuer auf der Agenda des Europäischen Rats am 15./16. Dezember landet. Im Kern geht es darum, dass Ungarn aufgrund von Rechtsstaatsverstößen das Einfrieren von rund 13,3 Milliarden Euro aus Wiederaufbaufonds (5,8 Mrd.) und EU-Haushalt (7,5 Mrd.) droht. Die EU-Kommission hatte den Mitgliedsstaaten vorgeschlagen, beide Töpfe einzufrieren und eine erste Auszahlung nur dann zu veranlassen, wenn insgesamt 27 Meilensteine durch die ungarische Regierung erfüllt worden sind. Bisherige Reform-Maßnahmen in Budapest wurden als unzureichend eingeschätzt. Für beides bräuchte es eine qualifizierte Mehrheit im Rat.
Showdown beim Gipfel: Warum das gefährlich ist
Sollte der aktuelle Streit erst im Europäischen Rat ausgetragen werden, droht ein Paket-Deal, der zum Vorteil Orbans ausfallen könnte. Wie im Gremium der Staats- und Regierungschefs üblich, könnten die ungarischen Vetos gegen die drohenden Finanzsanktionen ausgedealt werden. Viktor Orban könnte sein Veto hier gegen die Freigabe von Geldern aus dem EU-Haushalt verkaufen. Der Rechtstaatsmechanismus würde de facto unbrauchbar werden. Einen ähnlichen Kuhhandel beim Rechtsstaat hatte es schon im Dezember 2020 gegeben. Auf dem damaligen EU-Gipfel hatten Polen und Ungarn den EU-Haushalt per Veto blockiert und gaben dieses erst auf, als der Rechtsstaatsmechanismus für zwei Jahre auf Eis gelegt wurde.
Die EU sitzt am längeren Hebel: Der Wiederaufbaufonds
Viktor Orban kann in der aktuellen Situation sein Veto aber nicht in vollem Umfang ausreizen. Die EU-Hilfen für die Ukraine können von den 26 restlichen EU-Mitgliedstaaten auch außerhalb der EU auf den Weg gebracht werden. Das ist zwar teurer und aufwändiger – aber möglich. Zudem braucht Viktor Orban eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten, um Zugriff auf den Wiederaufbaufonds zu erhalten. Der ungarische Plan hierfür wurde von der EU-Kommission bereits bewilligt – muss aber noch zwingend vor Jahresende durch die Mitgliedstaaten bestätigt werden. Stemmt sich Orban weiter gegen den Rest der Europäischen Union, droht er 4,1 Milliarden Euro unwiderruflich zu verlieren.
Viktor Orban hätte Putin heute kein schöneres Geschenk machen können.