Fraktionsvorsitzende im Europaparlament an Von der Leyen: Keine Aufbaugelder an Polen ohne unabhängige Justiz!
In einem gemeinsamen Brief haben die Fraktionsvorsitzenden der Sozialdemokraten, Liberalen, Grünen und Linken gestern (Donnerstag) an Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen (CDU) appelliert, die Aufbaufonds für Polen nicht freizugeben, solange die Rechtsstaatlichkeit im Land nicht wiederhergestellt ist. Zuletzt hatten sich Meldungen gehäuft, dass die Genehmigung des Aufbauplans der polnischen Regierung durch die EU-Kommission unmittelbar bevorstehe.
Die Genehmigung des Plans ist Voraussetzung für die Auszahlung der Gelder an die Mitgliedstaaten. Polen würde 23.9 Milliarden Euro an Zuschüssen sowie ein Darlehen über 12.1 Milliarden Euro aus dem Fonds erhalten. Obwohl der polnische Aufbauplan der Kommission bereits seit Mai 2021 vorliegt, hatte sie die Genehmigung wegen schwerwiegender Rechtsstaatsbedenken bisher immer wieder vertagt.
Daniel Freund, grünes Mitglied im Haushaltskontrollausschuss, kommentiert:
“Seit Jahren attackiert die PiS-Regierung in Polen die unabhängige Justiz und weigert sich, die zahlreichen in diesem Zusammenhang gefallenen Urteile des Europäischen Gerichtshofs umzusetzen. Auch die Situation an der Grenze zur Ukraine hat die Regierung nicht davon abgehalten, den Rechtsstaat weiter auszuhöhlen. Allein seit Kriegsbeginn hat die Regierung mehr als 200 regierungstreue Richterinnen und Richter illegal ins Amt berufen.”
“In diesen Zeiten ist es mehr denn je unsere Verpflichtung, Demokratie und Rechtsstaat in der Europäischen Union zu verteidigen. Dazu gehört, diejenigen, die diese Prinzipien systematisch untergraben, nicht mit europäischen Fördergeldern zu belohnen. Die Bedingungen für eine Auszahlung der Corona-Hilfen hat Polen noch immer nicht erfüllt. Der Ball liegt deutlich im Feld der Regierung in Warschau. Rechtsstaatlichkeit in Polen darf nicht ein Opfer des Krieges in der Ukraine werden.”
Die Aufbau- und Resilienzfazilität der EU
Die Aufbau- und Resilienzfazilität ist Teil eines umfassenden Krisenbewältigungsplans, den die EU nach Ausbruch der Pandemie auf den Weg gebracht hatte. Sie hat zum Ziel, die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Corona-Pandemie abzufedern, und die Mitgliedstaaten besser auf die Herausforderungen und Chancen des ökologischen und digitalen Wandels vorzubereiten.
Über die Fazilität werden insgesamt 385,8 Milliarden Euro an Darlehen und 338 Euro an Finanzhilfen an die Mitgliedstaaten bereitgestellt. Sie stellt damit das größte EU Konjunkturpaket aller Zeiten dar. Um die Unterstützung in Anspruch nehmen zu können, müssen die Mitgliedstaaten der EU-Kommission zunächst nationale Aufbau- und Resilienzpläne vorlegen und darin die bis Ende 2026 umzusetzenden Reformen und Investitionen aufführen.
Der gemeinsamen Brief (auf Englisch) ist auf der Website der grünen Fraktion verfügbar