Ein EU-Gesetz zum Schutz der Medienfreiheit: Was ist vom Media Freedom Act zu erwarten?
Diese Woche wird die EU Kommission voraussichtlich ihren Vorschlag für ein Gesetz zum Schutz der Medienfreiheit in der EU vorstellen. Im Innenausschuss (LIBE) werde ich diesen Bericht für die Grüne Fraktion verhandeln. Was ist vom “European Media Freedom Act” zu erwarten? Das Wichtigste im Überblick:
Was wird drin stehen?
- Überwachung der Medienkonzentration: Die Konzentration des Medienbesitzes ist eine der größten Bedrohungen für die Medienvielfalt. Die Kommission will daher einen Medienpluralismus-Test einführen, der bei Fusionen von Medienunternehmen angewendet werden soll. Dieser Test soll jedoch von der zuständigen nationalen Behörde des betreffenden Mitgliedstaates durchgeführt werden. Ein neu geschaffener „Europäischer Rat für Mediendienste“ soll lediglich eine nicht bindende Stellungnahme abgeben können;
- Transparenz von Medieneigentum: Medienunternehmen haben einen erheblichen Einfluss auf die öffentliche Meinung. Aus diesem Grund möchte die Kommission Medienunternehmen verpflichten, zu veröffentlichen, wer ihre direkten oder indirekten Besitzer*innen und Aktionär*innen sind;
- Transparenz der staatlichen Werbung: Öffentlich finanzierte Medienwerbung darf nicht zur staatlichen Beihilfe für regierungsnahe Medien werden. Die Kommission will für mehr Transparenz bei der Verteilung öffentlicher (EU-)Mittel an die Medien sorgen. Nationale Behörden müssen jährlich veröffentlichen, wie viel Geld sie bei welchen Mediendienste für Werbung ausgegeben haben;
- Rechenschaftspflicht großer Online-Plattformanbieter: Sehr große Online-Plattformen (Facebook usw.) stellen für viele Nutzer*innen den Zugang zu Mediendiensten dar. Sie sollen ausführlich begründen, wenn sie bestimmte Inhalte von Mediendienstanbieter*innen auf ihrer Plattform einschränken oder löschen wollen;
- Schutz vor Überwachung: Nach dem jüngsten Pegasus-Spionageskandal in mehreren Mitgliedstaaten würde das neue Gesetz nun den nationalen Behörden ausdrücklich verbieten, Journalist*innen auszuspionieren. Dies würde Jurist*innen in vielen Mitgliedstaaten erstmals eine Grundlage für rechtliche Schritte bietet.
Geht es den Medienimperien von Orban und Babis’ jetzt an den Kragen?
Bislang hat die Kommission stets erklärt, sie habe keinerlei Handhabe gegen das ungarische Medienkonglomerat KESMA, das von Orbans Alliierten kontrolliert wird. Mit dem Vorschlag eines Medienpluralismus-Tests will die Kommission sicherstellen, dass die Entstehung eines Konglomerats wie KESMA in Zukunft frühzeitig verhindert wird. Es ist fraglich, ob dies gelingen kann, wenn dieser Test von den nationalen Behörden durchgeführt wird, die möglicherweise bereits unter der Kontrolle der Regierungspartei stehen. Noch wichtiger ist, dass der Test nicht dazu beitragen wird, bestehende Probleme bei der Medienkonzentration zu verringern.
Bisher war es außerdem problemlos möglich für Staatsoberhäupter wie Andrej Babis in Tschechien oder Silvio Berlusconi in Italien gleichzeitig Regierungschef und Teilhaber an zahlreichen Medienunternehmen im Land zu sein. Die Kommission möchte, dass Medienunternehmen in Zukunft Informationen zu jeglichen Interessenkonflikten etwaiger Teilhaber*innen veröffentlichen. Zwar wäre dies eine positive Entwicklung, es ist aber unklar, wie sichergestellt werden soll, dass diese Interessenkonflikte anschließend aufgelöst werden.
Wie geht’s weiter?
Sobald der Kommissionsvorschlag vorliegt, wird der Vorschlag an die zuständigen Ausschüsse im Parlament weitergeleitet. Je nach Fokus des finalen Kommissionsvorschlags werden wahrscheinlich die Ausschüsse für Binnenmarkt (IMCO), Inneres (LIBE) und/oder Kultur (CULT) zuständig sein. Auf Basis der Arbeit der zuständigen Ausschüsse wird anschließend eine Parlamentsposition verabschiedet. Sobald auch der Rat seine Position verabschiedet hat, geht es dann in die Trilogverhandlungen zwischen Rat und Parlament.