Daniel Freund

21. Februar 2020 Transparenz

Neuer Job für Oettinger: Ex-Kommissar darf sich nicht vor Orbans Karren spannen lassen

Günther Oettinger

Viktor Orban macht den ehemaligen EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) zum Vize-Vorsitzenden eines neuen Nationalen Rates für Wissenschaftspolitik in Ungarn. Die vom ungarischen Premier Orban unterzeichnete Liste der Namen wurde am 18. Februar im Amtsblatt des Ungarischen Parlaments veröffentlicht. Der Rat für Wissenschaftspolitik wurde durch ein umstrittenes Gesetz erst letztes Jahr neu geschaffen. 15 Forschungsinstitute, die bisher unter loser Kontrolle der Ungarischen Akademie der Wissenschaften weitgehend autonom entscheiden wofür sie Forschungsgelder verwenden, sollen jetzt durch den neuen Rat zentral gesteuert werden. Kritiker protestierten gegen die weitere Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit.

Günther Oettinger war als EU-Kommissar oft zu Gast in Budapest, mindestens einmal an Bord des Privatjets des deutsch-russischen Lobbyisten Klaus Mangold. Medien berichteten über den entscheidenden Einfluss von Kommissar Oettinger bei der Genehmigung des russischen Atomkraftwerks “Paks 2” in Ungarn, trotz weiterhin bestehender Bedenken der EU-Kommission.

Daniel Freund, Koordinator der Grünen/EFA-Fraktion im für Ethikfragen zuständigen Verfassungsausschuss des Europaparlaments, kommentiert:

“Es ist geschmacklos wie sich Günther Oettinger vor Orbans Karren spannen lässt, die Freiheit der Wissenschaft in Ungarn weiter einzuschränken. Die Schließung einer unliebsamen Universität in Budapest durch Orban war einer von vielen Gründen für das Verfahren der EU gegen Orban wegen Angriffen auf den Rechtsstaat. Als frisch ausgeschiedener EU-Kommissar während des laufenden Rechtsstaatsverfahrens der EU gegen Orbans Regierung in dessen Dienste zu treten ist unerträglich. Als ex-EU-Kommissar gibt Oettinger als Vizechef dem autoritären Angriff Orbans auf die Wissenschaftsfreiheit den Anschein von Normalität. Oettingers Freundschaftsdienst für Orban ist das Gegenteil einer Abgrenzung der CDU von extrem rechter Politik. Oettingers Wechsel in Orbans Dienste missachtet die Suspendierung von Fidesz innerhalb der europäischen Christdemokraten. Oettinger sollte auf dieses Amt verzichten.”

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HINTERGRUND

Günther Oettinger, war deutscher Kommissar für Energie (2010 – 2014), für digitale Wirtschaft und Gesellschaft (2014 – 2017) and zuletzt für Haushalt und Personal (2017 – 2019).

Zur Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit in Ungarn durch den neuen Nationalen Rat für Wissenschaftspolitik: https://hungarytoday.hu/academy-sciences-restructuring/

Zu Oettingers Rolle bei der Genehmigung des Atomkraftwerks Paks 2: https://www.politico.eu/article/hungarys-russian-built-nuclear-plant-powered-by-politics-in-brussels/

Zu Klaus Mangold: https://euobserver.com/political/139492