Daniel Freund

21. Februar 2020 Transparenz

Jährliche Haushaltskontrolle durch das Parlament: Stark bei der Kontrolle anderer Institutionen, schwach beim Kehren vor der eigenen Haustür

Der Haushaltskontrollausschuss des Europäischen Parlaments hat diese Woche über die sogenannte Entlastung des EU Haushalts abgestimmt. Das jährliche Entlastungsverfahren ermöglicht dem Europäischen Parlament zu prüfen, ob EU Gelder korrekt ausgegeben wurden. Während das Parlament bei anderen Institutionen sehr genau hinschaut, ist es bei seinen eigenen Ausgaben oft nicht ganz so streng.

In vielen wichtigen Abstimmungen stimmten Grüne, Sozialdemokraten und Liberale (Renew) für mehr Transparenz, Christdemokraten, Rechtskonservative (ECR) und Rechte inklusive AfD (ID) dagegen. Die Linken (GUE) nahmen vor allem am Vormittag nur minutenweise an den insgesamt 1,740 Abstimmungen teil. Die Verhandlungsführer für die beiden größten Fraktionen waren ausgerechnet ein Abgeordneter von Orbans Fidesz für die Christdemokraten und eine Sozialdemokratin aus Rumänien, wo die Partei versucht hatte Korruption weitgehend straffrei zu stellen. Ende März werden alle 56 Entlastungsberichte im Plenum abgestimmt. Wir werden dort versuchen eine Mehrheit zu gewinnen, wo das im Ausschuss zur Kostenpauschale und Lobbytransparenz noch nicht geklappt hat.

Der Haushaltskontrollausschuss stimmte über mehr als 1700 Änderungsanträge ab.

Einige Erfolge konnten wir dennoch erzielen, darunter:

Verstärkter Kampf gegen den Missbrauch von EU Geldern

Der Ausschuss hat mehrere Anträge verabschiedet in der die Kommission aufgefordert wird, stärker gegen den Missbrauch von EU Geldern vorzugehen. Besonders bei Agrarfonds, von denen jährlich 60 Milliarden Euro an Mitgliedstaaten fließen, werden erhebliche Summen abgezweigt, inklusive durch den tschechischen Regierungschef Babiš. Der Ausschuss fordert daher die Kommission auf, besser zu kontrollieren, wohin die Gelder fließen. Im Fall von systemischem Missbrauch von EU Geldern wie beispielsweise in Ungarn soll die Kommission statt indirekt über die Mitgliedstaaten, selber die Vergabe von Geldern übernehmen. Die sich noch im Aufbau befindliche, aber jetzt schon chronisch unterfinanzierte Europäische Staatsanwaltschaft soll zudem mehr Geld bekommen, um sicherzustellen, dass sie möglichst effektiv den Missbrauch von EU Geldern verfolgen kann. Die EU kann nicht weiter durchgehen lassen, dass Oligarchen und Populisten Millionenbeträge an EU Geldern in ihre eigenen Taschen stecken.

Bessere Durchsetzung der Regeln zur Drehtür aus EU-Institutionen zu Lobbyfirmen

Der ehemalige EU Botschafter Gerhard Sabathil ist zur Lobbyfirma EUTOP gewechselt. Gegen Sabathil laufen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Spionage für China. Der Auswärtige Dienst der EU hätte Sabathil den Wechsel für ein Jahr verbieten sollen, statt ihm den Wechsel mit schwachen Auflagen zu genehmigen. Der Ausschuss fordert in Zukunft neben Auflagen auch das Verbot von Wechseln zu nutzen, gerade wenn eine Lobbyfirma auch Interessen vertritt, die gegen diejenigen der EU gerichtet sind. Schon der Eindruck, dass China und Russland sich Beamte der EU-Institutionen kaufen können, muss verhindert werden.

Weber’s Dienstwagen-Affäre hat ein Nachspiel

Laut Spiegel-Berichten soll Manfred Weber, der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), seinen vom Parlament bereitgestellten Dienstwagen für den Wahlkampf in Bayern genutzt haben. Auf Vorschlag von uns Grünen hat der Ausschuss nun gefordert, die Regeln für die Dienstwagennutzung für Abgeordnete zu verschärfen. Bisher sind diese nur sehr vage formuliert und schreiben vor, das Fraktionsvorsitzende ihren Dienstwagen nur “im Zusammenhang mit den Aktivitäten ihrer Fraktion” nutzen dürfen. Es kann nicht sein, dass sich Fraktionsvorsitzende ihren Wahlkampf von der EU finanzieren lassen. Der verabschiedete Antrag ist allerdings nur ein Teilerfolg, da wir für unsere konkrete Forderung, eine Art Sperrfrist für die Nutzung der Parlaments-Limousinen sechs Wochen vor Wahlen einzuführen, bisher keine Mehrheit finden konnten.

Vor allem beim Thema Transparenz im Parlament selber mussten wir einige Rückschläge einstecken:

Transparenz der Ausgaben von Abgeordneten

Alle Abgeordneten im Europaparlament erhalten eine Allgemeine Kostenpauschale von rund 4500 Euro monatlich für Bürokosten, ohne die Verwendung belegen zu müssen. In der Vergangenheit hatten wir Grünen mehrere Erfolge erzielt um die Verwendung dieser Pauschale transparenter zu machen. Zum Beispiel muss die Kostenpauschale seit dieser Legislaturperiode auf ein separates Konto überwiesen werden um die Verwendung des Geldes genauer nachvollziehen zu können. Im letzten Jahr hatte der Haushaltskontrollausschuss das Präsidium aufgefordert, die Regeln noch weiter zu verschärfen und u.a. Angeordnete zu verpflichten anzugeben, wofür sie ihr Geld ausgegeben haben. Im Ausschuss hat sich allerdings gestern keine Mehrheit gefunden, um das Präsidium aufzufordern, diese Empfehlungen endlich umzusetzen.

Lobbytransparenz

Seit letztem Jahr sind Abgeordnete im Europaparlament verpflichtet ihre Lobbytreffen offenzulegen. Schließlich sollten alle Bürger*innen einsehen können welche Lobbyisten die jeweiligen Gesetzgebungsprozesse beeinflussen. Bisher veröffentlichen allerdings nur rund 20% aller Abgeordneten ihre Lobbytreffen. Unter anderem liegt das daran, dass es sehr umständlich ist, diese Treffen auf der Parlamentswebsite zu veröffentlichen. Wir Grünen zusammen mit einigen Abgeordneten der Liberalen und Linken hatten konkrete Verbesserungsvorschläge einbringen wollen, haben hierfür im Ausschuss aber leider keine Mehrheit bekommen.