Innenausschuss verabschiedet weitreichende Forderungen zum Schutz von Journalist*innen
Der Innenausschuss des Europäischen Parlaments hat am Dienstag (18.07.) seine Position zum Europäischen Medienfreiheitsgesetz (EMFA) beschlossen. Sie bestätigt und stärkt die bereits im Kommissionsvorschlag enthaltenen neuen Regeln zum Schutz der Medienfreiheit, beispielsweise zur Schaffung von mehr Transparenz über Medieneigentum und die Verteilung von staatlicher Werbung an Medienunternehmen, oder die Unabhängigkeit von Medienredakteur*innen. Eins der Kernelemente der Parlamentsposition ist der weitreichende Schutz von Journalist*innen vor dem Einsatz von Spähsoftware.
Daniel Freund, Grüner Verhandler des Medienfreiheitsgesetzes im Innenausschuss kommentiert:
“Die Europäische Union muss alles dafür tun, dass Journalist*innen in Europa ihrer Arbeit ohne Einschränkungen nachgehen können. Es kann nicht sein, dass Journalist*innen von Regierungen bespitzelt werden, weil einigen Politiker*innen oder Beamt*innen die Berichterstattung nicht passt oder sie sich vor kritischen Recherchen fürchten. Die EU hat in der Vergangenheit zu wenig für den Schutz freier Medien getan. Das zeigen der Pegasus-Skandal aber auch die Morde an Journalist*innen auf Malta und in der Slowakei. Es ist für die Verteidigung der Pressefreiheit elementar, dass das Europaparlament jetzt weitreichende Schutzmaßnahmen für Journalist*innen auf den Weg bringt. Das Signal ist deutlich: Regierungen haben auf den Telefonen von Journalist*innen nichts zu suchen!”
Ein Überblick über die aus Grüner Sicht besonders starken Elemente der Position des Innenausschusses:
- Weitreichender Schutz von Journalist*innen vor Überwachung durch Spähsoftware: Nach dem Pegasus-Spionageskandal führt der Innenausschuss in seiner Position nun weitreichende Einschränkungen für das Ausspähen von Journalist*innen ein. Demnach sollen Regierungen weder Journalist*innen, noch deren familiäres oder berufliches Umfeld Überwachen und Ausspähen können. Die grundsätzliche Ausnahme dieser Regelung aus Gründen der nationalen Sicherheit, die sowohl im Kommissions- als auch im Ratsvorschlag zumindest im Bezug auf den Einsatz von Spähsoftware enthalten ist, fällt weg. Nach Willen des Innenausschusses soll dieses Verbot lediglich umgangen werden können, wenn es um Ermittlungen zu einer eingeschränkten Anzahl von besonders schweren Verbrechen geht, die nichts mit der journalistischen Tätigkeit der betroffenen Person zu tun haben. Für den Einsatz von Spähsoftware müssen außerdem alle weniger invasiven Mittel zuvor erschöpft werden.
- Verbot von Medienbesitz für hochrangige Politiker*innen: Medienunternehmen haben einen erheblichen Einfluss auf die öffentliche Meinung. Damit hochrangige Politiker*innen diesen nicht zu ihren gunsten Missbrauchen können, soll es hochrangigen Politiker*innen in der EU verboten werden, einen signifikanten Anteil eines Medienunternehmens zu besitzen.
- Weitreichende Kompetenzen für die EU Kommission gegen Medienkonzentrationen: Autokraten wie Viktor Orban sind erfolgreich darin, die Medienlandschaft im Land komplett unter ihre Kontrolle zu bringen. In Mitgliedstaaten wie Ungarn würden beispielsweise die von der Kommission im EMFA vorgeschlagenen Transparenzregelungen daher keine Abhilfe mehr schaffen können. Aus diesem Grund schlägt der Innenausschuss nun vor, der Kommission weitreichende Kompetenzen einzuräumen, um gegen bedenkliche Medienkonzentrationen vorzugehen, wenn im betroffenen Mitgliedstaat keine geeigneten Maßnahmen ergriffen werden. Dies könnte bis hin zur Zerschlagung von bestehenden Konzentrationen gehen.
Wie geht es weiter?
Zwar ist der Kultur- und Medienausschuss des Parlaments für dieses Gesetz federführend zuständig. Der Innenausschuss hat aber zu einigen Punkten, u.a. dem Einsatz von Spähsoftware gegen Journalist*innen, die exklusive Kompetenz, um die Linie des Parlaments vorzugeben. Der federführende Kultur- und Medienausschuss des Parlaments wird seine Position voraussichtlich im September 2023 verabschieden. Die finale Parlamentsposition muss anschließend vom Plenum im Oktober bestätigt werden. Der Rat der Mitgliedstaaten hat seine Position bereits im Juni verabschiedet. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Triloge, sprich die Verhandlungen zwischen Kommission, Rat und Parlament, im Herbst beginnen. Ziel ist, die Verordnung noch vor Ende der Legislatur auf den Weg zu bringen.
Der genaue Textlaut der verhandelten Kompromisse (auf Englisch) ist hier abrufbar. Alle Kompromisse wurden gestern vom Innenausschuss mit einer Mehrheit verabschiedet.