Daniel Freund

17. Juni 2021 Demokratie

Die Grünen Kernanliegen für Europas größtes Politikertreffen seit Corona

Das erste Plenum der Konferenz zur Zukunft Europas bringt diesen Samstag 19 Juni das größte Politikertreffen in Europa seit Corona zusammen. 108 europäische, 108 nationale Abgeordnete, 56 Regierungsvertreter und viele weitere Vertreterinnen und Vertreter europäischer Institutionen kommen in Strasbourg zusammen. Die Debatte des Plenums wird um die unterschiedlichen Visionen zur Zukunft Europas geführt. Die Grüne/EFA Fraktion hat jetzt beschlossen, welche Kernanliegen die 11 Grünen/EFA Europaabgeordneten in der Konferenz vertreten.

 

Daniel Freund, Leiter der Grünen/EFA Gruppe in der Zukunftskonferenz, kommentiert:

“Diese Konferenz ist Europas Chance sich mit starken Reformen eine Impfung gegen Überforderung in nächsten Krisen zu geben. Wir Grünen wollen starke Reformen für wirklich Europäische Wahlen, Klimaschutz, in den wir gemeinsam investieren, ein Europa, das in der Welt mit einer Stimme spricht. In der Konferenz sollen sich aber auch jene der Europäischen Öffentlichkeit stellen, die lautstark vergiftete Angebote verbreiten gegen ein inklusives und solidarisches Europa wettern. Sie geben häufig vor, für eine stille Mehrheit zu sprechen. Die Beteiligung von Zufallsbürger*innen an der Konferenz kann kann aber zeigen, dass nationalistische und chauvinistische Ideen in Europa keine Mehrheit haben.”

 

Eine zweite Stimme für alle Europäerinnen und Europäer

EU-Spitzenpolitiker, deren Entscheidungen über Impfstoffe und Klimaziele direkt unser Leben beeinflussen, müssen alle EU-Bürgerinnen und Bürger wählen und abwählen können. Dass Spitzenkandidaten vor der Wahl versprochen und danach vergessen werden, darf sich 2024 nicht wiederholen. EU-Bürgerinnen und Bürger sollten eine zweite Stimme bekommen um Spitzenkandidatinnen und Kandidaten auf europäischen Listen zu wählen. Wer auf dem Wahlzettel in jedem Land steht, wird allen Bürgerinnen und Bürgern Rede und Antwort stehen.

 

Europäisch in Klimaschutz investieren

Die Klimakrise ist noch mehr als Covid-19 eine Herausforderung, die wir Europäerinnen und Europäer nur gemeinsam abwenden können. Weil Covid-19 alle traf, hat Europa in nie dagewesener Größe Geld in in die Hand genommen, um in die Überwindung dieser Krise zu investieren. Gegen die noch größere Klimakrise muss Europa daraus lernen. Zumal weil europäische Investitionen bessere und günstigere Lösungen bieten können als nationalen Grenzen. Europäische Energienetze kombinieren die Kraft von Sonne, Wind und Wasser besser. Nur ein europäisches Bahnnetz kann Kurzstreckenflüge nach Barcelona oder Prag bald unnötig machen. Der Umbau der europäischen Wirtschaft in eine nachhaltige, klimaneutrale wird Milliarden-Investitionen benötigen, die kein Land alleine stemmen kann. Wir brauchen folglich einen Europäischen Klimafonds.

 

Europa entfesseln durch ein Ende nationaler Vetos

Viktor Orban nimmt chinesische Kredite und blockiert dann Europas Protest gegen Chinas Zerstörung der Demokratie in Hongkong. Wir machen es einem käuflichen möchtegern-Autokraten zu einfach, Europa durch sein Veto zur Untätigkeit zu verdammen. Es ist unerträglich wenn Orban das Veto beim EU-Haushaltsrahmen missbrauchte, um die bessere Verteidigung der EU-Grundwerte zu blockieren. Um Europas Potenzial zu entfesseln, müssen wir Vetos nationaler Regierungen abschaffen. Ohne Vetos in der Außenpolitik kann Europa mit einer Stimme sprechen. Bisher halten Vetos in der Steuerpolitik das Steuerdumping am Leben. Ein Ende der Vetos bei Steuern erleichtert gerechte Besteuerung großer Konzerne und damit die nötigen Investitionen in eine soziale und nachhaltige Zukunft.

 

HINTERGRUND: Zeitplan der ersten Plenarsitzung

Freitag 18 Juni 16h30: Sitzungen der “Fraktionen” der politischen Parteifamilien

 

Freitag 18 Juni 18h15 Sitzung der Spinelli Gruppe föderalistischer Plenumsmitglieder

 

Samstag 19 Juni 8h45 Gruppenbild des Plenums

 

Samstag 19 Juni 9h-13h30 Plenarsitzung

  1. Eröffnung durch die Co-Vorsitzenden und Tagesordnung gemäß Vorschlag des Vorstands
  2. Zweck und Erwartungen an die Konferenz, einschließlich der europäischen Bürgerpanels, der nationalen Panels/Veranstaltungen und der mehrsprachigen digitalen Plattform:

– Präsentation und allgemeine Diskussion

  1. a) Kalender der Konferenzplenars, der Europäischen Bürgerpanels und der Europäischen Bürgerveranstaltung, und
  2. b) Vorschlag der Co-Vorsitzenden über die Organisation von thematischen Arbeitsgruppen:

– Präsentation und Diskussion

  1. Abschluss der Konferenz-Plenarsitzung

 

Livestream via https://futureu.europa.eu/

 

HINTERGRUND: alle Grünen/EFA Reformvorschläge zur Konferenz zur Zukunft Europas

ausführliche Version (Englisch): http://extranet.greens-efa.eu/public/media/file/1/7033

 

Eine stärkere europäische Demokratie

Wir fordern die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Wahlkreises, demokratische Standards für Wahlen in der gesamten EU, mehr Rechte für das Europäische Parlament, die Umwandlung des Rates in eine normale mitgesetzgebende zweite Kammer und stärkere Instrumente der Bürgerbeteiligung.

 

Ein Europa, das die Grundrechte schützt und sich für eine inklusive Gesellschaft einsetzt

Wir fordern die Stärkung aller Instrumente zum Schutz von Rechten und Werten und die Einführung einer Säule von Rechten, die im Primärrecht verankert sind und auch für das Handeln der Mitgliedsstaaten gelten. Wir sind auch der Meinung, dass die EU ein europäisches Statut für zivilgesellschaftliche Organisationen einrichten sollte, um deren Aktivitäten in der gesamten EU zu schützen, und dass ein Überwachungsmoratorium eingeführt werden sollte.

 

Umgestaltung unserer Wirtschaft mit einem nachhaltigen Investitionsfonds, um in einen nachhaltigen und sozialen Übergang zu investieren

Wir fordern, dass der Recovery and Resilience Fund dauerhaft gemacht und in einen Nachhaltigen Investitionsfonds umgewandelt wird, der in den Rahmen der Union unter dem europäischen Budget integriert wird, mit Mitentscheidung oder voller Beteiligung des Parlaments.

 

Ein Feministischer Aufschwung: Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit

Die europäische Wirtschaft in einer Welt nach dem Ende des Kalten Krieges muss auf gerechten sozioökonomischen Grundlagen aufgebaut werden. Um dies zu gewährleisten, muss die EU eine ehrgeizigere Rolle bei der Beendigung der Lohndiskriminierung übernehmen, indem sie verbindliche Maßnahmen für gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit, Lohntransparenz und Gender Mainstreaming sicherstellt.

 

Blockaden in der europäischen Außen- und Finanzpolitik auflösen

Wir wollen, dass Entscheidungen in allen Politikbereichen und zu allen Haushaltsdossiers im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren getroffen werden und eine tiefgreifende Reform der makroökonomischen Steuerung der Union, um strukturellen Ungleichgewichten und negativen wirtschaftlichen Schocks zu begegnen.

 

Solidarität, die nicht bei der EU-Bürgerschaft aufhört

Die Migrationspolitik sollte von einer Politik der Abschreckung zu einer Politik der sicheren und legalen Möglichkeiten übergehen. Ein dauerhafter Mechanismus zur fairen Zuweisung von Asylbewerbern, der auf einem zweistufigen System mit positiven Anreizen basiert, sollte eingeführt werden, und ein ganzheitlicher Europäischer Migrationskodex, der sich mit den Schwachstellen von Arbeitsmigranten befasst, sollte verabschiedet werden.

 

Bekämpfung der Ungleichheit mit einem fairen und gerechten Steuersystem und angemessenen Mindestlöhnen

Die europäische Wirtschaft nach dem Zusammenbruch sollte auf Steuer- und sozialer Gerechtigkeit basieren, die durch die Harmonisierung der Unternehmens- und Umweltsteuerpolitik, die Festlegung von Mindeststeuern und die Verhinderung von Steueroasen gewährleistet werden kann.

 

Europäische Einheit in Vielfalt

Wir setzen uns dafür ein, dass die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen von allen Mitgliedsstaaten ratifiziert wird, dass Regional-, Minderheiten- und weniger verbreitete Sprachen offiziell anerkannt, gefördert und verwendet werden und dass das Recht auf Selbstbestimmung in der EU geschützt wird.

 

Schutz unserer Umwelt durch eine faire und nachhaltige Landwirtschaft, die das Wohl der Tiere schützt

Wir wollen eine neue, faire und nachhaltige GAP, die die allgemeine Struktur der Landwirtschaft in Europa verändert, indem sie der kleinen und ökologischen Landwirtschaft Vorrang einräumt, die Artenvielfalt wiederherstellt und den Tierschutz fördert.

 

Bewusstsein der Bürger stärken, ausländische Einmischung bekämpfen und die digitale Zukunft gestalten

Medienkompetenz, verlässlicher Schutz vor Cyber-Bedrohungen und die Transparenz politischer Parteien müssen zu Säulen der zukünftigen europäischen Gesellschaft werden. Dem Europäischen Aktionsplan für Demokratie sollten Gesetze und eine verstärkte finanzielle Unterstützung für Maßnahmen im Bereich der Cybersicherheit folgen.

 

Eine starke europäische Stimme auf der globalen Bühne

Die Außenpolitik der EU muss die Solidarität zwischen den Demokratien stärken und mit gleichgesinnten Ländern zusammenarbeiten, um autoritäre und hegemoniale Ambitionen zurückzudrängen. Unsere Handelspolitik muss von den Werten der Union abhängig sein. Europa muss dem westlichen Balkan weiterhin eine europäische Perspektive bieten und seine Beitrittsgespräche und Erweiterungsprozesse mit den Ländern des westlichen Balkans fortsetzen.

 

Den Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle Bürger garantieren

Subventionen und Patentrechte müssen mit der Verpflichtung verknüpft werden, die Kosten für die Entwicklung neuer Medikamente offenzulegen und Medikamente in ausreichender und belastbarer Weise bereitzustellen. Die EU-Agenturen zur Überwachung von Pharmaherstellern müssen gestärkt werden, um öffentlich finanzierte Forschung im öffentlichen Interesse zu koordinieren und Monopolmissbrauch zu bekämpfen. Außerdem muss Europa auf Mindeststandards hinarbeiten, um den Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle in der EU lebenden Menschen zu gewährleisten.

 

Erasmus für alle

Wir wollen Erasmus+ zu einem Programm ausbauen, das es allen europäischen Bürgern, unabhängig von ihrem akademischen Hintergrund oder ihrer Tätigkeit, ermöglicht, mindestens ein Jahr in einem anderen Mitgliedstaat zu verbringen und dafür ein angemessenes Stipendium zu erhalten.

 

Aufbau einer starken EU-Industriestrategie

Wir fordern eine umfassende Verlagerungs- und Diversifizierungsstrategie, um Beschäftigung, Intelligenz und Know-how in einem grünen und kohlenstoffneutralen Industriesektor zu ermöglichen.