Ungarn-Reise: Korruption und Mega Pride
Ich war in den letzten drei Tagen in Budapest. Es war meine zehnte Reise nach Ungarn als Europaabgeordneter. Man könnte denken, man habe irgendwann alles gesehen und gehört, was Angriffe auf Demokratie, Rechtsstaat und die unfassbare Korruption in Ungarn angeht. Doch der Orban Regierung gelingt es immer wieder aufs Neue, einen sprachlos zu machen.
Privater Luxus, saniert mit EU-Geld
Ich bin zusammen mit der Arbeitsgruppe Antikorruption im Europaparlament nach Ungarn gereist. Ich leite dieses Gremium gemeinsam mit der französischen Sozialdemokratin Chloé Ridel und dem polnischen Konservativen Michał Wawrykiewicz. Wir haben unter anderem das Sandor-Metternich Anwesen besucht, eine knappe Autostunde von Budapest. Der Landsitz wurde kürzlich mit mehr als 5 Millionen Euro EU-Geld aufwändig saniert, um die lokale Wirtschaft und den Tourismus in dieser Gegend anzukurbeln. Doch dazu wird es nicht mehr kommen. Das Schloss wurde gerade zum Spottpreis privatisiert. Nur eines von vielen Beispielen, wie Orbans Leute den ungarischen Staat regelrecht ausplündern.
Krankenhäuser verfallen, die Orbans kaufen Hotels
Bei unseren zahlreichen Gesprächen mit Unternehmer*innen, Journalist*innen, Zivilgesellschaft und Politiker*innen hören wir immer wieder vom desolaten Zustand der Krankenhäuser. Vielfach gibt es keine Klimaanlagen. Während unseres Besuchs sind es 38 Grad in Budapest. Das Geld für die Modernisierung, auch EU Gelder, die genau dafür vorgesehen sind, verschwinden in Misswirtschaft, Korruption und Orbans „privatem“ Fußballstadion. Ungarische Abgeordnete berichten, dass Orbans Schwiegersohn erst wenige Tage vor unserem Besuch eines der größten Hotels in Budapest übernommen hat, das Marriott.
Warum die Europäische Kommission trotz der grassierenden Korruption weiter EU Milliarden an Orban zahlt, ist mir völlig unverständlich.
Milliarden für Propaganda
Schon bei der Ankunft in Budapest fällt auf: überall hängen Plakate gegen Zelensky und Von der Leyen. Finanziert wird die Schmierkampagne vom ungarischen Steuerzahler. Ein Medienunternehmer berichtet uns, dass Orbans Regierung 6% des Haushalts für „Kommunikation“ ausgibt. Zum Vergleich: in Deutschland fließen 4,5% des Bundeshaushalts in Bildung und Universitäten. Orban versucht mit enormen finanziellen Mitteln von seiner Korruption, den Verletzungen von Grundwerten und seiner miserablen wirtschaftlichen Performance abzulenken. In diesem Kontext steht auch das Verbot der Budapest Pride.
Fürchterliche Haftbedingungen für Deutsche Maja T.
Zusammen mit Katrin Göring-Eckardt habe ich gestern Maja T. im Gefängnis besucht. Der Deutschen wird vorgeworfen, Teilnehmer eines Naziaufmarschs in Budapest angegriffen zu haben. Maja befindet sich seit einem Jahr in Einzelhaft, fast vollständig ohne jeglichen menschlichen Kontakt. In Ungarn hat sie keine Chance auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren. Der zuständige Richter hat die Verlegung in den Hausarrest (üblich bei den ihr vorgeworfenen Straftaten) mit der Begründung abgelehnt, dass es Solidaritätsbekundungen mit Maja gibt.
Größte Demo seit 1989
Zum Abschluss die guten Nachrichten: Die Pride, auf der ich gestern war, war die mit Abstand größte, die Budapest je gesehen hat. Schätzungen gehen von mindestens 200,000 Menschen aus, die für Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung aber auch gegen Orbans Regime demonstriert haben. Trotz Orbans Verbot und der Androhung von 500€ Geldstrafen, ging nicht nur die queere Community, sondern die breite Mitte der Bevölkerung auf die Straße. Wir Grüne waren mit zahlreichen Abgeordneten, dem grünen Bürgermeister von Budapest und auch einer von mir organisierten Gruppe aus NRW vor Ort.